„Mama Heia“: Wenn der Kreislauf streikt

Am vergangenen Samstag waren der kleine Piranha und ich wieder bei Hagenbecks unterwegs. Mit dabei: Unsere Freunde Susann und Joni. Die beiden Kleinen kennen sich quasi seit der ersten Stunde, da Susann und ich uns nach der Geburt das Zimmer im Krankenhaus teilten. Heute gehen die kleinen Nasen nicht nur in dieselbe Krippe, sondern sind auch beste Kumpels mit dem gleichen eigensinnigen Sinn für Humor, den nur Kleinkinder verstehen.

Warm sun on midday

Ein völlig verkorkster Samstag – und was ich daraus gelernt habe… (Bild: Jürgen Fälchle / Fotolia)

Man könnte meinen, dass unsere Tierpark-Besuche unter keinem guten Stern stehen, da nach dem Piranha-Jump in den Teich im vergangenen Monat dieser Besuch für mich im Rettungswagen und schließlich in der Notaufnahme des Agaplesion-Krankenhauses endete.

Was war passiert? Das Wetter war drückend heiß und ich hatte in der Vorwoche angefangen, ein blutdrucksenkendes Medikament zu nehmen. Anscheinend hatten zuviel Stress, Kaffee und Wein bei gleichzeitig viel zu wenig Bewegung in den Vormonaten dazu geführt, dass mein Blutdruck stark erhöht war und mit medikamentöser Unterstützung schleunigst wieder gesenkt werden sollte, um keine gesundheitlichen Folgen zu haben. Dass als Nebenwirkung des Medikaments Schwindel und Kreislaufprobleme auftreten können, hatte ich zwar gelesen, aber da ich noch nie in meinem Leben Kreislaufbeschwerden hatte, mir nichts weiter dabei gedacht. Bis letzten Samstag.

Kaum hatten wir nämlich das Eismeer verlassen, wurde mir ganz anders. Alles hallte um mich herum und ich glaubte, jede Sekunde das Bewusstsein zu verlieren. Mein Bauch krampfte sich zusammen, meine Beine wurden weich und die Angst lies meinen Puls nach oben schnellen. Sofort bat ich meine Freundin, einen Rettungswagen zu rufen und legte mich auf eine Bank. Der kleine Piranha wusste natürlich gar nicht, wie ihm geschah und weinte erstmal ängstlich um seine Mama.

Ein Mann, der mit seiner Familie im Zoo war und früher in einer Notrufzentrale gearbeitet hat, eilte gleich zu Hilfe. Er bot mir seine Trinkflasche an und redete mir mit einer unheimlichen Ruhe und Souveränität gut zu. Als die Sanitäter eintrafen, begleitete er Susann mit den beiden Kindern noch zum Bus. Meine Freundin hatte sofort angeboten, den kleinen Piranha mit zu sich nach Hause zu nehmen und über Nacht zu versorgen. Nachdem ich auf der Trage in den Wagen geschoben wurde, fand mein Sohn die pragmatische Erklärung „Mama macht jetzt Heia“ zum Glück auch ganz plausibel und hatte einen vergnüglichen Abend mit seinem Freund.

Gottseidank konnten im Laufe des Abends und der Nacht im Krankenhaus durch EKGs und Blutbilder alle schlimmen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgeschlossen werden und so verließ ich kurz nach Mitternacht mit gleich drei Erkenntnissen das Krankenhaus:

1.Familie und gute Freunde sind unbezahlbar: Ich bin meiner Schwester, die den ganzen Abend an meinem Bett saß und mich mit ihrem staubtrockenen Humor aufmunterte, unendlich dankbar. Genauso wie meiner Freundin Susann, die sich um den kleinen Piranha kümmerte und völlig selbstverständlich alles unmittelbar und mit ganz viel Besonnenheit organisierte. Meine Freundin Philine, die gleichzeitig Oles Patentante ist, kümmerte sich den ganzen Sonntag Nachmittag liebevoll um ihn und die wenigen engen Freunde, die Bescheid wussten, waren sofort mit lieben Worten zur Stelle.

2. Menschlichkeit ist in der heutigen Zeit, in der die Welt manchmal schnurstracks in Richtung Hölle zu fahren scheint, wichtiger denn je: Mein unbekannter Ersthelfer zögerte keine Sekunde, seinen eigenen Zoobesuch, der ihn auch viel Eintritt gekostet hat, zu unterbrechen, um uns zu helfen. Ich habe selten einen in einer Krisensituation so souveränen Menschen erlebt und bin ihm unwahrscheinlich dankbar.

3. Manchmal muss man bzw. Mama einfach mal runterfahren und innehalten: Ich bin von Natur aus sehr wuselig veranlagt und will, wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, gleich alles und am liebsten sofort machen. Das schlägt sich leider meist weniger in einer grundsätzlichen Effizienz als vielmehr in einem Wiebi-immanenten Chaos nieder und das geht auf die Gesundheit. Das Leben einer Working Mama ist busy genug, ab und zu brauchen wir dann einfach drum herum ein Time Out und Freunde, die uns bremsen.

Langsam geht es mir wieder besser und mein Kreislauf hat sich weitestgehend stabilisiert, aber diese schönen wie mahnenden Erkenntnisse nehme ich direkt mit in meinen Mama-Alltag – die positive Seite eines völlig verkorksten Samstags.

Sonnige Grüße,

Eure Single City Mama

Mucca che guarda con uno sfondo di una prateria verde e un cielo azzurro

Die Moral von der Geschicht‘: Manchmal muss Mama einen Gang runterschalten… (Bild: oraziopuccio / Fotolia)

Operation „Flamingokacke“

An diesem sonnigen Wochenende waren der kleine Piranha und ich wieder in Hagenbecks Tierpark unterwegs, um unsere Jahreskarte mal richtig glühen zu lassen. Nichtsahnend, dass unser Besuch dieses mal nur rund 25 Minuten dauern würde, jauchzte der Piranha direkt nach unserer Ankunft elektrisiert „AFFE, AFFE!“ vor dem Schimpansen-Felsen – und ab da gab es kein Halten mehr.

Das Kind wollte partout nicht mehr in den Buggy steigen, also ließ ich ihn gewähren. Kaum waren wir um die nächste Ecke gebogen, rannte der Piranha auf eine Wiese unweit des großen Burma-Teichs, auf dem gefühlt die halbe Fauna des Parks flaniert – Flamingos und Schwäne inklusive.

Schrecksekunde

Bis ich realisierte, dass der kleine Piranha schnurstracks auf den See zusteuerte, dauerte es einige Sekunden und dann flitzte auch ich los. Zunächst noch mit Buggy und Handtasche und dann ohne. Das Kind setzte zum Sprung in den Teich an – Mama Piranha direkt hinterher. Nach einer Sekunde, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde, weil der kleine Körper meines Sohnes komplett unter Wasser war, hob ich ihn aus dem Teich und ein zur Hilfe geeiltes Pärchen nahm ihn am Ufer entgegen.

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(Bild-Quelle)

Der kleine Piranha hatte zum Glück kein Wasser geschluckt (Wasser ist schließlich sein Element!) und fand das ganze nach einer Sekunde der Verdatterung ziemlich witzig. Ich entstieg klitschnass und mit furchteinflössenden Pusteln an den Händen dem Teich, weinte heiße Tränen des Schrecks und der Erleichterung, zog dem kleinen Piranha trockene Sachen an, dankte dem Universum, dass nichts Schlimmeres passiert war und bestellte mir erst ein mal am „Dschungelnächte“-Stand einen Aperol Spritz für meine Nerven.

Selbsterhaltungstrieb eines suizidalen Lemmings

Da erzählte mir die Verkäuferin, dass sie einmal in einer ähnlichen Situation war und ihr Kind auf der Mittelinsel einer Kreuzung fand. Es kann so schnell gehen – das wurde mir in dieser Sekunde klar. Man muss mit laufenden Kleinkindern, deren Selbsterhaltungstrieb dem eines suizidalen Lemmings gleicht, aufpassen wie ein Luchs und ich werde – auch wenn es Kritik meiner Mitmenschen hageln könnte – zur Sicherheit einen Rucksack mit Leine für den kleinen Piranha kaufen.

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(Bild-Quelle)

Dennoch: Sind wir Rabenmütter, weil wir manchen Stunt unserer Kinder nicht voraussehen können, nicht immer sofort schalten und so jede brenzlige Situation im Keim ersticken können? Nein, wir sind Menschen. Mamas. Löwenmamas mit Herz und Seele und einem scharfen Verstand, mit dem wir das Elternsein so gut meistern, wie wir es können. Ohne jeden Anspruch auf Perfektion, aber mit dem Anspruch, in jeder Sekunde das Beste für unser Kind zu wollen und es zu beschützen mit allem, was uns dazu zur Verfügung steht.

Sonnige Grüße,

Eure Single City Mama (die immer noch ein bisschen nach Flamingokacke riecht)

Der Löwe Deines Lebens

Als der kleine Piranha und ich den sonnigen Pfingstsonntag in Hagenbecks Tierpark verbrachten, gab es spätestens im Streichelgehege für den Piranha kein Halten mehr. Und da ich so sehr damit beschäftigt war, die putzigen „Ziege meets Piranha“-Momente fotografisch festzuhalten, gelang es Ole in einem unbemerkten Moment tiefer in das Ziegengehege vorzudringen. Was per se völlig unproblematisch war, da dort nicht etwa die unsozialisierten Aggro-Böcke sondern wollig-weiche Babyzicklein warteten – aber trotzdem kletterte ich so schnell ich konnte über den Zaun und brachte den kleinen Piranha zurück in den sicheren Hafen des Streichelgeheges.

Oxytocin, Baby!

Seit 2 Jahren habe ich nun diesen Löwen-Mama-Instinkt. Genau genommen, seit dem Moment in dem mir am 1. Juni 2014 – high as a kite von der PDA und übernächtigt nach 12 Stunden im Kreissaal, Hebamme Franzi ein kleines, nacktes, knopfäugiges Bündel Mensch auf den Bauch legte. Meinen Piranha. Wie von Mutter Natur perfide geplant, regnete es Oxytocin – jenes berühmt-berüchtigte Bindungshormon, das dafür sorgen würde, dass ich für den Rest meiner Tage für diesen kleinen Menschen kämpfen und in der Ultima Ratio mein Leben für ihn geben würde.

Als meine Schwester etwa vier war, lief sie ein mal in einem unbedachten Moment auf die Straße. Leider war die Straße ein viel befahrener Seitenarm des Glockengießer Walles und nur durch einen beherzten Hechtsprung meiner Mutter konnte schlimmeres verhindert werden. Beide kamen mit Blessuren davon, aber was mir als Kind wie ein heroischer Akt der Selbstlosigkeit vorkam, ist eigentlich ein völlig normaler Instinkt, der bei sozial- und mental funktionalen Menschen einsetzt, um ihre Jungen zu beschützen.

Lion

(Bild-Quelle)

Leo justitia

Relativ schnell und relativ unmissverständlich kommunizierte ich als frischgebackene Jungmama jedem, der Einfluss auf das Heranwachsen und die Entwicklung des kleinen Piranhas nehmen würde, dass er oder sie dies mit viel Vorsicht tun müsse, denn sollte dem kleinen Piranha eines seiner damals kaum existenten Haare gekrümmt werden, würde ich nicht scheuen, alle Wege der Justiz zu beschreiten und im Zweifel deren überstrapazierte Kassen und Mitarbeiter auch mal zu schonen. Nicht umsonst haben Subjekte, die Kindern Leid zufügen, im Knast besonders wenig zu lachen.

Buy one, get one free – nur besser!

Die Moral von der Geschicht: Solange ich lebe, wird der kleine Piranha immer eine stolze Löwin an seiner Seite wissen (zwei – denn seine Tante kann Krav Maga!!).

Uns gibt es nur noch im Doppelpack. Buy one, get one free – nur besser!

Sonnige Grüße,

Eure Single City Mama