Wutzwerg Inc

Lieblingsmamas,

der Piranha befindet sich aktuell wieder in einer Wachstumsphase. Die Klamotten passen zwar alle noch, aber das Gefühlsspektrum wird breiter. Neben herzigsten Liebesbekundungen („Mama, Du bist mein Held!“), kommt es auch regelmäßig zu Tobsuchtsanfällen. Der kleine Mann flucht wie ein Seemann („jetzt reicht`s mir aber auch mit Dir, Du böse Mama!“) und wäre es nicht pädagogisch vollkommen kontraproduktiv, würde ich jedesmal herzhaft mitlachen. Und kontern. „Netter Versuch, Du ehemalige Zelle meines Körpers“.

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Der Grat zwischen „Gefühle ausleben“ und „auf Mamas Nase Samba tanzen“ ist bisweilen ein schmaler… (Bild: Tiergarten Schönbrunn)

Gestern war er nach einem Ausflugstag mit seinem Papa furchtbar ko und wollte sich im Kinderzimmer (wo zufällig das iPad stand) mit mir ausruhen. Da ich mich schon auf auf unserer riesigen Wohnzimmercouch ausgestreckt hatte, kuschelte ich den Piranha an mich und bat ihn, die Augen zuzumachen. Der kleine Piranha schimpfte wie ein Rohrspatz. Sein Zorn währte etwa 10 min, dann schief er anschließend zwei Stunden wie ein Stein. Ich blieb vollkommen ruhig und ließ ihn bocken (gelingt mir nicht immer). Negative Gefühle aushalten – etwas, das mir selbst nicht gerade leicht fällt – check!!

Heikler wird es, wenn viele Erziehungspositionen aufeinandertreffen. Während Baba-Opa zum Beispiel null Toleranz für Wutanfälle des kleinen Mannes hat, ist Tante Hu streng, aber sachlich. Als Mama-Tier bin ich am nachgiebigsten und anfälligsten für das Druckmittel „Klammerärmchen und Kulleraugen“. Eine Tatsache, die der Piranha schon für sich zu nutzen weiß. „Mama“ flüstert er abends verschwörerisch und schließt die Kinderzimmertür. „Darf ich den Schnuller haben?“

Der Königsweg? Ich glaube, es gibt ihn nicht. Ich möchte, dass der kleine Piranha lernt, mit allen Gefühlen gut umzugehen. Dass ist okay und wichtig ist, mal wütend und traurig zu sein. Er muss sich nicht ständig anpassen. Aber natürlich möchte ich auch nicht, dass er andere Leute bepöbelt oder einen Karren schiebt, nur weil ihm gerade da nach ist.

Momentan versuche ich meine Intervention situativ abzuwägen. Er ehrlich gesagt war ich gestern selbst viel zu ko, um mich aufzuregen. Ist auch mal schön 🙂

Liebste Grüße von Eurer

Single City Mama

 

Omrans stille Botschaft

„Die Fragen eines Kindes sind schwerer zu beantworten als die eines Wissenschaftlers“

(Alice Miller)

Das Bild des kleinen Omran aus dem syrischen Aleppo geht in diesen Tagen um die Welt. Geschockt und resigniert sitzt er da, neben seiner Schwester in einem Krankenwagen, nachdem Helfer ihn und seine Familie aus einem zerbombten Gebäude retten konnten. Ein fragiles, schwer traumatisiertes Kind, dessen Blick der Welt eine Botschaft übermittelt: Schaut hin. Helft uns!

Omrans bewegendes Portrait ist ein Mahnmal und steht sinnbildlich für zig Millionen von Opfern – Mütter, Väter, Kindern, Babies – die täglich in Aleppo etwas verlieren – ihr Leben, ihre Familie, ihre Hoffnung.

Als Außensteher in einer vergleichsweise sicheren, privilegierten Nation, in der sich Bilder wie die von Omran die Titelseite einflussreicher Print-Medien mit Z-Prominenz und Belanglosigkeiten teilen, ist das Gefühl schwer zu ertragen:

Die mitfühlende Trauer über das erlittene Leid, der Zorn auf verstrahlte Politiker und Wutbürger und vor allem die unbändige Hilflosigkeit angesichts des anhaltenden Leides und der Zerstörung.

Candles

Wissen unsere Kinder, wie gut es ihnen geht? (Bild: gudrun/Fotolia)

Als Mutter kommen dazu Gedanken wie: Was mag in einer Mutter vorgehen, die ihr Kind im Krieg leiden sieht – die ihr Kind im Krieg verliert? Weiß mein Sohn, wenn er abends mit seinem Teddy eingekuschelt einschläft, dass er privilegierter ist, als 99 Prozent der Kinder dieser Welt?

Ich wünsche mir, dass mein Kind in einer Welt aufwächst, in der Friede und ein respektvolles, von Liebe und Toleranz geprägtes Miteinander herrschen. Ich wünsche meinem Sohn von Herzen die innere Stärke, hinschauen zu können, ohne selbst an der Hilflosigkeit zu zerbrechen.

Ich ziehe meinen Hut vor jedem einzelnen Helfer, Spender; jedem, der hinschaut und im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten bereit ist, zu helfen.

Ich wünsche mir, dass dieser Wahnsinn aufhört. Dass die Menschen für die Einzigartigkeit und Kostbarkeit des Lebens sensibilisiert werden und Gesichter wie das von Omran dazu beitragen, ein Hingucken zu erreichen – und nicht reißerischer Boulevardpresse zu mehr Auflage zu verhelfen.

Ich fühle mich hilflos und doch hoffe ich, dass wir gemeinsam stark sind. Weil Kinder wie Omran ein Recht auf ein würdevolles, glückliches Leben in Freiheit und Sicherheit haben.

Doch was können wir tun?

  • Hinschauen
  • Uns informieren
  • Helfen, wie wir können: Mit Geld, Sachspenden, Information und Mitgefühl
  • Unsere Kinder zu gebildeten, offenen, toleranten Weltbürgern erziehen
  • Empathie in der Familie fördern, in der Krippe, der Schule: überall, wo Menschen sich begegnen
  • Mit unseren Kindern sprechen: Aufklären, ohne Angst zu forcieren. Da sein. Zuhören.
  • Integration leben: All unseren Mitmenschen in all ihrer Individualität und Schönheit mit Toleranz und Respekt begegnen

Eure Single City Mama