Mama mit Kante

Momentan ertappe ich mich oft dabei, wie ich versuche, meinen Ängsten etwas Positives abzugewinnen. Was mir in etwa so leicht fällt, wie einen Magen-Darm-Virus des Piranhas als heiteres Töpfchen-Schlagen zu zelebrieren. „Ich will, das alles so ist, wie vorher“ klage ich meiner Schwester regelmäßig mein Leid. Aber will ich das wirklich?

Smoking red hot chili pepper on black background

Mama on Fire: Nur wer mal brennt, kommt weiter… (Bild: rbadowski/Fotolia)

Soviel ist sicher: Irgendetwas scheint in meinem Leben grundsätzlich nicht besonders gut funktioniert zu haben, sonst wäre es nicht soweit gekommen. Aber mir ging es doch nicht schlecht, überlege ich. Klar habe ich einiges an Ärger in mich rein gefressen, wörtlich und symbolisch, und einen guten Draht zu meinen Gefühlen habe ich auch nicht. Aber das bin ich. Das war immer so. Dafür bin ich frei und stark und von niemandem abhängig, denke ich – das ist doch auch etwas wert.

Schließlich lief die Sache doch irgendwie immer rund. Zu rund vielleicht. „Du bist zu nett“, sagen meine Freunde und erst langsam dämmert mir, was sie meinen. „Oft weiß ich gar nicht, was Du wirklich denkst“, sagte mir neulich ein Kumpel und irgendwie fühlte sich das komisch an. „Da bist Du in guter Gesellschaft“, dachte ich und seufzte.

Denn gerade jetzt wo ich Mutter bin – Single Mama – und einem kleinen Menschen ein stabiles, gesundes Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen mit auf den Weg geben möchte, wird eine eigene Positionierung wichtiger als je zuvor. Die Fragen „Was will ich?“, „Was tut mir gar nicht gut?“ und „Bis wohin kann und will ich Kompromisse machen, um des lieben Friedens willen?“ werden wichtiger denn je. Schließlich haben all meine Entscheidungen heute nicht nur Auswirkungen auf mich, sondern auch auf den kleinen Piranha. Verlässlichkeit und vor allem Aufrichtigkeit sind längst wichtiger als glühende Komplimente und heiße Luft, die schnell abkühlt und einen schalen Dauergeschmack hinterlässt.

Denn die Wahrheit ist, je mehr wir täglich an Ärger und Enttäuschung in uns rein fressen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass alles irgendwann heraus kommt. Muss. Und das ist äußerst unbequem für mich, ungewohnt für mein Umfeld, aber auf lange Sicht durchaus heilsam.

Natürlich laufe ich jetzt nicht wie eine Furie auf High Heels durch die City, aber ich werde ehrlicher, direkter. Und unbequemer. Ich sage immer öfter genau das, was ich denke. Und dabei wird mir selbst zum ersten Mal bewusst, wo meine Grenzen liegen: Wenn jemand versucht, mich auszunutzen und meine momentane Schwäche zu seinem eigenen Vorteil nutzen will. Wenn Interesse oberflächlich, sporadisch, zweckgebunden ist oder in erster Linie dazu dient, das eigene Ego zu bedienen.  Aber vor allem: ich spüre mich. Das ist neu, aufregend, unbequem. Ich will, dass alles wird wie früher  – nur besser.

Denn nur wenn ich selbst mir meiner Werte und Wünsche bewusst bin, kann ich dem Piranha das auch vermitteln und ihn dabei unterstützen, seine eigenen zu finden.

Und da ich selbst natürlich alles andere als unfehlbar bin, muss ich selbst auch lernen, mit Kritik besser umzugehen. Schwächen zuzulassen und Gefühle zu akzeptieren.

Eure Single City Mama

Omrans stille Botschaft

„Die Fragen eines Kindes sind schwerer zu beantworten als die eines Wissenschaftlers“

(Alice Miller)

Das Bild des kleinen Omran aus dem syrischen Aleppo geht in diesen Tagen um die Welt. Geschockt und resigniert sitzt er da, neben seiner Schwester in einem Krankenwagen, nachdem Helfer ihn und seine Familie aus einem zerbombten Gebäude retten konnten. Ein fragiles, schwer traumatisiertes Kind, dessen Blick der Welt eine Botschaft übermittelt: Schaut hin. Helft uns!

Omrans bewegendes Portrait ist ein Mahnmal und steht sinnbildlich für zig Millionen von Opfern – Mütter, Väter, Kindern, Babies – die täglich in Aleppo etwas verlieren – ihr Leben, ihre Familie, ihre Hoffnung.

Als Außensteher in einer vergleichsweise sicheren, privilegierten Nation, in der sich Bilder wie die von Omran die Titelseite einflussreicher Print-Medien mit Z-Prominenz und Belanglosigkeiten teilen, ist das Gefühl schwer zu ertragen:

Die mitfühlende Trauer über das erlittene Leid, der Zorn auf verstrahlte Politiker und Wutbürger und vor allem die unbändige Hilflosigkeit angesichts des anhaltenden Leides und der Zerstörung.

Candles

Wissen unsere Kinder, wie gut es ihnen geht? (Bild: gudrun/Fotolia)

Als Mutter kommen dazu Gedanken wie: Was mag in einer Mutter vorgehen, die ihr Kind im Krieg leiden sieht – die ihr Kind im Krieg verliert? Weiß mein Sohn, wenn er abends mit seinem Teddy eingekuschelt einschläft, dass er privilegierter ist, als 99 Prozent der Kinder dieser Welt?

Ich wünsche mir, dass mein Kind in einer Welt aufwächst, in der Friede und ein respektvolles, von Liebe und Toleranz geprägtes Miteinander herrschen. Ich wünsche meinem Sohn von Herzen die innere Stärke, hinschauen zu können, ohne selbst an der Hilflosigkeit zu zerbrechen.

Ich ziehe meinen Hut vor jedem einzelnen Helfer, Spender; jedem, der hinschaut und im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten bereit ist, zu helfen.

Ich wünsche mir, dass dieser Wahnsinn aufhört. Dass die Menschen für die Einzigartigkeit und Kostbarkeit des Lebens sensibilisiert werden und Gesichter wie das von Omran dazu beitragen, ein Hingucken zu erreichen – und nicht reißerischer Boulevardpresse zu mehr Auflage zu verhelfen.

Ich fühle mich hilflos und doch hoffe ich, dass wir gemeinsam stark sind. Weil Kinder wie Omran ein Recht auf ein würdevolles, glückliches Leben in Freiheit und Sicherheit haben.

Doch was können wir tun?

  • Hinschauen
  • Uns informieren
  • Helfen, wie wir können: Mit Geld, Sachspenden, Information und Mitgefühl
  • Unsere Kinder zu gebildeten, offenen, toleranten Weltbürgern erziehen
  • Empathie in der Familie fördern, in der Krippe, der Schule: überall, wo Menschen sich begegnen
  • Mit unseren Kindern sprechen: Aufklären, ohne Angst zu forcieren. Da sein. Zuhören.
  • Integration leben: All unseren Mitmenschen in all ihrer Individualität und Schönheit mit Toleranz und Respekt begegnen

Eure Single City Mama