Stolz und Vorurteil

Hallo meine Lieben,

gestern habe ich es nach zwei stressigen Wochen im Job endlich mal wieder zum Salsa geschafft – und ich musste lachen. Ihr glaub nicht, wie viel Zwischenmenschliches sich im Tanzen widerspiegelt. Und wie viele unterschiedliche Charaktere dort zumindest zu einem kurzweiligen harmonischen Miteinander gezwungen werden. One, two, three… AUA.

Energetic attractive young couple dancing latin Bachata near sea or ocean. Sunlight background. Summer time, romantic image

Liebe und Freundschaft sind ein Tanz nach einem ganz eigenen Rhythmus… (Bild: Fotolia)

Wie gewohnt forderte zu Beginn der Stunde jeder Mann eine „Lady“ auf. Nachdem wir die neue Figur geübt hatten, wurde rotiert. Die Männer zogen nach jedem Tanz eine Dame weiter. Und wie im Leben jenseits der Tanzfläche, zeigt sich hier ganz schnell, wer mit wem kann und wer nicht. Jeder hat seinen eigenen Stil, seine Stärken und Schwächen. Meistens spielt man sich schnell ein, man übersieht gerne Fehler und gibt sich dem Spaß der Sache hin.

Es gibt aber auch ganz verbissene Kandidaten und die fehlerfreien Pedanten, die den Fehler erstmal beim Gegenüber suchen. „Du lässt mir keine Chance zu führen und bist viel zu schnell“ maulte mich ein Herr gestern direkt nach unserem kurzen Tanz an. Ich war perplex, da wir gar nicht groß gepatzt hatten und ich mir dachte „dann dreh dich doch schneller mit statt mich anzumaulen, Du Depp“. Mit der Botschaft hatte er sicher Recht, da es mir tatsächlich nicht so leicht fällt, mich fallen zu lassen und für konstruktive Kritik wäre ich dankbar gewesen.

Was mich ärgerte war die Tonalität und der Vorwurf in seiner Stimme: Es passt nicht – Du bist Schuld. Als wir das nächste Mal zusammen tanzten, wurde er noch unwirscher und attestierte mir impliziert grobe Tollpatschigkeit „Du hast wieder… Ach was solls…“. Da es mit allen anderen anwesenden Tänzern prima klappte, lächelte ich nur, dachte mir meinen Teil und kam zu dem Schluss, dass das Tanzen – wie alles andere Zwischenmenschliche – eine Frage der Chemie ist. Es passt – oder es passt nicht.

Was mir Anfang der Woche beim Wiedersehen mit einem Freund schon klar wurde: Wenn die Chemie passt, ist es auch völlig wurscht, wie oft man sich sieht oder wie lange man sich kennt. Man fühlt sich einfach total wohl und spielt sich schnell aufeinander ein. Fließend und schön.

Im Umkehrschluss zeigte mir die Salsa-Stunde gestern: Wenn es nicht passt, muss man einfach weitertanzen und keinen Gedanken mehr daran verschwenden – vor allem sollte man sich selbst nicht über die normale Reflektion hinaus hinterfragen. Das ist Selbstrespekt, der gerade uns Frauen manchmal fehlt. Das fängt schon bei einem Klassiker an: Der Mann verhält sich sonderbar – die Frau ist schuld. Sie ist halt nicht „die Richtige“, für die der Mann sich anders verhalten würde. Wenn ich im Freundeskreis solche Sprüche höre, drehe ich regelmäßig mit den Augen. Es ist so ein uraltes Klischee, das aber fest in vielen Köpfen verankert ist. Und das Schlimme: viele meiner Freundinnen denken genauso – dass sie etwas falsch machen oder nicht gut genug sind, so wie sie sind. Bullshit! Liebe und Freundschaft sind immer ein Tanz, nach einem ganz eigenen Rhythmus. Auf die Kompatibilität der Schritte kommt es an, nicht auf die Perfektion des Einzelnen.

Ich glaube, selbst der kleine Piranha hat schon einen natürlichen Radar für die Kinder, die er mag und die, die er lieber meidet bzw. mit denen er nichts im Sinn hat. Ich hoffe, dass ich ihm die Souveränität mit auf den Weg gebe, zu seinen Stärken und Schwächen zu stehen und seine Zeit mit Menschen zu verbringen, die ihn optimal ergänzen.

Liebste Grüße von Eurer Single City Mama

Kopf über Fuß – das Salsa Festival

Guten Morgen Ihr Lieben,

ein ereignisreiches Wochenende liegt hinter mir und meine Füße haben Briefmarken-Format. In Hamburg fand nämlich das 15. internationale Salsa Festival statt. Viele Tänzer waren aus aller Welt eingetroffen, um in zig Workshops an ihren Styles zu feilen und einfach Spaß zu haben.

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Salsa-Profi Luiz Vasquez moderierte gut gelaunt die große Gala in der Laeiszhalle am zweiten Abend des Festivals… (Bild: Single City Mama)

Abends gab es jeweils eine große Gala mit Show Acts und anschließender Party im 23. Stock des Emporio Hauses bzw. in der benachbarten Laeiszhalle mitten in der City. Für Anfänger waren die Parties zwar etwas deprimierend, da hier hauptsächlich fortgeschrittene Tänzer über die Tanzfläche wirbelten und auch zum größten Teil unter sich blieben. Man stand also mit Cola und Kleidchen lächelnd dabei und dachte sich „ich will auch“ – aber keiner fragte. Aber dafür waren die Workshops klasse. Ich habe gefühlt mit 100 Männern aller Altersklassen getanzt (manche davon konnten wirklich gut führen!), neue Kombinationen gelernt und es hat richtig Spaß gemacht. Olé olé!

Ein Fest(ival) der Toleranz

Was ich außerdem toll fand: Die Künstler waren bunt gemischt. Alle Nationalitäten, Altersgruppen, Hautfarben und Körperformen waren vertreten. Jeder Act sprühte vor Eleganz und Stolz. Ein Fest der Toleranz und eine Hommage an die Vielfalt!!

Die Workshops waren in drei Level aufgeteilt – ich reihte mich unter die Beginner. Tatsächlich hatten wir in den Kursen Männer-Überschuss, so dass wir Mädels direkt charmant aufgefordert wurden. Kurze Vorstellung (den Namen hatte man meistens schon bei der ersten Drehung wieder vergessen, da häufig nach einem Tanz wieder gewechselt wurde) und es wurde losgewirbelt.

Einen Kurs lang tanzte ich mit dem auf den ersten Blick unscheinbaren, aber total interessanten Franzosen Cédric, mit dem ich gerne noch länger gequatscht hätte. Doch er war am nächsten Tag nicht mehr da. Vermutlich, da er auch beruflich mit Kollegen in Hamburg war, um eine Doku über Immigration zu drehen. Oder weil er Samstag sechs Workshops in Folge durchgetanzt hatte und sich am Sonntag nicht mehr bewegen konnte. Ich werde es vermutlich nie erfahren, aber es war eine dieser Festival Begegnungen, die schon in der Momentaufnahme eine echte Bereicherung waren.

Mehrfach hörte ich während der Kurse die ermahnenden Worte des Trainers: „Du musst Dich auch führen lassen“ oder „Du gibst dem Mann keine Chance zur Führung“. Puh – gar nicht so einfach – wenn man als Powerfrau im Alltag es einfach gewohnt ist, die Führung zu übernehmen. Das überträgt sich sogar aufs Tanzen. Ich weiß, gleich kommt die Linksdrehung? Super, krieg ich hin – und drehe mich. Ohne darauf zu warten, dass mir mein Tanzpartner mit seiner Hand den Impuls zum Drehen gibt. Der Mann guckte dann oft etwas verdattert aus der Wäsche. Bei einigen Figuren stießen wir auf dieses Problem. Irgendwie lief’s nicht rund, aber wo lag der Fehler? Dabei geht es doch beim Tanzen vor allem um das Miteinander, das „sich einlassen“, die sinnliche Bewegung, die Spaß macht, ins Schwitzen bringt und einfach schön aussieht.

Kopf über Fuß – sich fallenlassen…

Kopf über Fuß – ein bisschen wurde ich an diesem Wochenende also auch wieder mit der Problematik konfrontiert, zu kopflastig zu sein. Im Alltag müssen vor allem wir Single Mamas das zwar immer wieder sein (wir denken schließlich für unsere kleine Familie und kompensieren häufig den Elternteil, der sich weitaus weniger Gedanken um den Alltag und die Logistik unseres Kindes macht und alle paar Wochen/Monate zum Spielen aufschlägt) und halten alles am Laufen. Wir balancieren unseren Job, unser Kind/unsere Kinder und versuchen dabei selbst nicht auf der Strecke zu bleiben.

Gestern Abend, als das Festival für mich vorbei war, hatte ich gemischte Gefühle. Ich war ausgepowert, inspiriert und hatte nette Leute kennengelernt, aber als mir der kleine Piranha schon im Treppenhaus ums Bein fiel und „meine Mami“ seufzte, hatte ich auch ein schlechtes Gewissen, da der kleine Mann an diesem Wochenende ein bisschen zu kurz gekommen war. Als Ausgleich fahren wir heute nachmittag wieder ins Erlebnisbad, wo wir wieder gemeinsam rutschen und mein Piranhalein seinem Spitznamen mit seinen Schwimmflügeln alle Ehre macht (die Schwimmflosse wird übrigens noch bestellt).

Einen tollen Start in die Woche wünscht Euch

Eure Single City Mama