Es ist ein… ja was eigentlich?

Hallo Ihr Lieben,

ich hoffe, Ihr habt ein fantastisches Pfingstwochenende genossen!

Im Hause Piranha hat sich Nachwuchs angekündigt. Nein, nein, ich genieße weiterhin mein abendliches Gläschen Vino und habe die Umstandsklamotte seit 2014 im Keller verbarrikadiert.

Tatsächlich ist der kleine Piranha gewissermaßen zum Großvater geworden, denn seine treuen Plüsch-Gefährten Robbie und Bär haben Nachwuchs bekommen – Baby Robbie. Damit ist Robbie (der Ältere) jetzt offiziell Papa Robbie und Bär… nun ja! Wir wissen es nicht, aber wir sind eine sehr moderne Familie. „Robbie und Bär sind die Eltern von Baby Robbie“ verkündete der Piranha kürzlich stolz und machte mich damit zur Urgroßmutter.

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Robbie hat das Casanova-Dasein definitiv in den Genen… (Bild: Gettyimages)

Insgesamt ist das Thema Familienzuwachs für den Piranha momentan sehr präsent. „Mama…“ fragte er mich neulich vor dem Einschlafen. „Wann werde ich endlich großer Bruder?“ Mir blieb vor Schreck fast „Kommt ein Vogel geflogen“ im Hals stecken. „Irgendwann, Schatz…“, sagte ich, wohlwissend, dass der Piranha sich damit nicht abspeisen lassen würde. „WANN?“ fragte er, diesmal mit Nachdruck.

„Erst muss ich den richtigen Mann kennenlernen“, sagte ich vage, und hoffte, dass wir das Thema damit erstmal ruhen lassen könnten. „Wozu?“ fragte das Kind und ich schwieg. Gibt es BravoTV schon auf Kika? Gibt es das überhaupt noch? „Aber Du kennst doch Männer“ argumentierte der Piranha und zählte einige auf: Baba-Opa, unsere Handwerker, seinen neuen Erzieher Paul und den fremden Herrn, dem er neulich eine Löwenzahn-Blume auf der Straße geschenkt hatte… Touché!

Tatsächlich ist die Frage wahrscheinlich für alle Single Mamas irgendwie präsent. Einige Bekannte fragen auch ganz direkt. „Kannst Du Dir eigentlich noch ein Geschwisterchen für Ole vorstellen? Also wenn der „Richtige“ kommt?“, als wenn ich die Bestellung nur noch bei Amazon abschicken müsste.

Klar, denke ich dann. Warum nicht? Ich bin doch „erst“ 34 und immer allein bleiben – och nö. So ein Fünkchen Restromantik ist dann doch geblieben. Muss ja nicht gleich der Schimmel sein, es reicht auch ein Polo. Und Intelligenz, Humor, Verlässlichkeit, Kante, eine rauchige Stimme – ach das übliche Kleingedruckte.

In Wirklichkeit kann ich es mir oft überhaupt nicht vorstellen. Ich bewundere alle Mehrfach-Mamas aus tiefstem Herzen, alleinerziehende ganz besonders. Ein kleiner Mensch, dessen Bedürfnisse zentral über Deinen stehen, ein Job, der das ganze finanziert und ein Körper, der das alles gut wegsteckt – aber zwei? Oder gar mehrere?

Ich bin Mama mit Leib und Seele – oft frage ich mich sogar, was mich früher wirklich erfüllt hat, als es noch keinen rotzfrechen, verschmusten, dreckig lachenden Raubfisch in meinem Leben gab – aber es ist ein Full-Time-Job. Könnte ich zwei handlen? Oder gar mehrere? Sind Männer da wirklich eine Unterstützung? Die Fragen einer Unwissenden.

Was mich beruhigt: Trotz des Patchworkings seiner „Viecher“, wie wir Robbie und Bär manchmal liebevoll nennen, findet der kleine Piranha unsere eigene Familienkonstellation (Mama, Piranha, Baba-Opa und Tante Hu) völlig normal.

Zumindest mir gegenüber hat er das Ganze noch nie hinterfragt. Er weiß natürlich, wer sein Papa ist und genießt die wenige Zeit mit ihm, aber da er es nie anders kennengelert hat, fehlt ihm augenscheinlich auch nichts. Ich bin froh, dass das so ist.

Auf die Geschwister-Frage kann ich dem kleinen Piranha zwar keine konkrete Antwort geben. Aber Baby Robbie, der gehört jetzt schon zu unserer Mischpoke.

Liebste Grüße von Eurer

Single City Mama

 

 

 

Fundstück: „Was alles war“ von Annette Mingels

Hallo Ihr Lieben,

nachdem ich heute den fünften Morgen in Folge mit Fieber, das an der 40 Grad-Marke kratzte, aufgewacht bin, bin ich noch mal zu meinem Hausarzt gedüst und habe mir ein unaussprechliches Antibiotikum geben lassen. Er vermutete zwar zunächst einen Virus, aber da sich wirklich nullkommanull Besserung einstellte, darf jetzt die Keule ran (und ich fühle mich nach zwei Einheiten schon etwas besser und glühe nicht mehr wie ne 60 Watt Birne).

Single City Mama_Buch

Für die Erstellung dieses Bildes musste ich erstmal zahlreiche Rotzfahnen beiseite räumen ;-)) (Bild: Single City Mama)

Die ungewohnt viele, freie Zeit habe ich heute – einem halben Regenwald verschnaubend  – auf dem Sofa gelegen und ein Buch gelesen, das ich für die Arbeit rezensieren will. Aber es hat mich so begeistert, dass ich es auch hier sehr passend finde, denn es ist nicht nur sehr schön und intensiv erzählt, sondern setzt sich auch eindringlich mit dem Thema „Familie“ auseinander. Was uns prägt – Erziehung oder Gene? Die Entscheidungen, die wir treffen? Und die Achtsamkeit, die uns häufig im Alltag fehlt.

Die Protagonistin Susa, Meeresbiologin, wurde als Baby adoptiert und wuchs bei liebevollen Adoptiveltern auf. Mit Mitte dreißig lernt sie Henryk kennen, der nach dem Tod seiner Frau seine kleinen Töchter allein großzieht. Susa und Henryk verlieben sich und werden eine Familie, die wenige Jahre später durch das gemeinsame Baby Leve ergänzt wird. Zu Beginn des Romans nimmt Susas leibliche Mutter Viola, eine Weltenbummlerin und (Über-) lebenskünstlerin, wieder Kontakt zu Susa auf. Diese ist hin- und hergerissen zwischen Befremdung, durch die narzisstischen Züge der Frau, zu der sie keinerlei mütterliche Bindung verspürt, und der Neugier nach ihren Wurzeln.

Viola ist allerdings nur eine Randfigur des Romans, die Susa zum Nachdenken anregt. Das Kennenlernen ihrer unbekannten Brüder, die Suche nach ihrem biologischen Erzeuger, der schmerzhafte Tod ihres geliebten Adoptivvaters und die kriselnde Ehe zwischen Susa und Henryk, die sich in den Spannungen des Alltags gegenseitig zu verlieren drohen – das alles geht unheimlich unter die Haut.

All die Fragen, die wir nicht stellen wollen. Die Prioritäten, die wir setzen – jede Entscheidung für etwas, sagt Susa, ist auch die Entscheidung gegen etwas.

Lyrisch meisterhaft schildert Annette Mingels die Zerrissenheit vieler Frauen. Der konstante Spagat zwischen eigenen Bedürfnissen und denen der Partner oder Kinder, Kind und Karriere – schließt das eine realistisch das andere aus? Hetzen wir zu sehr durch unseren Alltag? Und das große Thema Patchwork. Können wir nicht-leibliche Kinder ebenso lieben wie unsere biologischen? Wie wichtig ist der Kontakt zu biologischen Halbgeschwistern? Sind das fremde Menschen – oder verbindet das Blut quasi instinktiv?

Meine persönliche Meinung dazu ist, dass die Erziehung einen weitaus größeren Einfluss auf unsere emotionale Entwicklung und Reife hat, als unsere Gene. Wer sich geborgen und geliebt weiß, dem mangelt es an nichts. Ist das naiv? Bleibt trotzdem eine Leere, wenn Fragen ungeklärt sind? Ich weiß es nicht, da ich mir diese Fragen bisher nie gestellt habe. Sicher würden sie in einer Patchworkbeziehung relevant werden.

Worin ich mich wiedergefunden habe, ist die Reue Susas, über Zeit, die ungenutzt blieb, Dinge, die nicht gesagt wurden. Wenn ich mit 25 gewusst hätte, dass mir nur so kurze Zeit mit meiner Mutter bleiben würde, hätte ich nicht ständig an meinem Handy oder Computer geklebt, um mich über Dinge mit Menschen auszutauschen, die heute keinerlei Bedeutung mehr haben. Ich hätte gerne noch so viel mit ihr geredet, sie so viel gefragt, nicht nur als Mutter, sondern auch als Freundin.

Manchmal ertappe ich mich, wenn ich abends ko und genervt bin, wenn der kleine Piranha zum x-sten mal maulig etwas einfordert. Oft schäme ich mich fast, wenn ich – wie jetzt – mein Bett für mich brauche. Doch der Gedanke, dass ich diese Zeit nicht intensiv genug erlebe, macht mir Angst. Sie geht so wahnsinnig schnell vorbei. Wir saßen heute auf dem Teppich und haben Duplo Züge gebaut. Ich konnte kaum sprechen, aber kleine Piranha hat mich mit seinem Arztkoffer untersucht und wir waren auf Augenhöhe. Ich möchte diese intensiven Momente mit meinem Kind, und auch mit meinem Vater und meiner Schwester.

Ich hoffe, alle drei wissen, wie sehr ich sie liebe. Ich hoffe, meine Mutter wusste es, auch wenn sie manche Tage meinen Kopf nur hinter einem Laptop-Display entdeckte und deswegen traurig war. Ich wünsche mir ein öfteres Innehalten im Alltag, Zeit für gute Bücher, tolle Gespräche und Begegnungen. Mehr Kraft zum Loslassen. Mehr Mut zu Ehrlichkeit. Und mehr Liebe für sich selbst mit allen Stärken und Schwächen. Ich sage inzwischen, was ich denke und fühle, und bin der festen Überzeugung, dass alles, was einen Platz in Deinem Leben haben soll, einen bekommt. Dass wir uns so wenig wie möglich verbiegen sollten. „Was alles war“ war eine echte Bereicherung und hat einen tristen Tag sehr viel schöner gemacht!

Liebe Grüße von Eurer

Single City Mama