Familienhotels für Singles: Fluch oder Segen?

Lieblingsleser,

während ich Euch schreibe und das Gefühl habe, nach Vino und Vier-Gang-Menü (obgleich wirklich überschaubar) jede Minute zu platzen, sitzen wir im schönen Salzburger Land und genießen die letzten Tage unseres Urlaubs. Viel Essen, noch mehr Erlebnisse (für den kleinen Piranha) und auch ein bisschen Einsamkeit.

Bilder: Single City Mama

Eigentlich hatten der kleine Piranha und ich die Hoffnung auf eine Reise vor dem Schulstart im August schon fast aufgegeben, uns aber dann doch für einpaar Tage an der Nordsee und einen Roadtrip mit unserem alten Herren „Lothar“ (mein betagtes Autochen mit Nahtoderfahrung) entschieden.

Nach drei wirklich entspannten Tagen am Meer in St. Peter-Ording und einer semientspannten Tour quer durch Deutschland (wir trafen unterwegs den Vater des Piranhas zum Eisessen in Frankfurt, besuchten das Schloss im wunderschönen Heidelberg und machten zwei Tage lang meine alte Wahlheimat München unsicher) landeten wir in Altenmarkt im Pongau.

Aber ganz ehrlich: Es ist wie so oft. Gerade, wenn Du langsam beginnst, etwas abzuschalten, ist der Urlaub schon wieder vorbei. Am Sonntag düsen wir über Bayreuth mit zwei weiteren Stopps bei Freunden wieder gen Heimat. Dann bricht auch die letzte Kita-Woche des kleinen Mannes an. Und mich erwartet das Hamsterrädle, juchu.

Das Hotel, indem wir gerade wohnen, ist ein Kinderhotel, was bedeutet, dass ich den kleinen Piranha de facto kaum zu Gesicht bekomme. Nachdem er sich morgens das Frühstück reingeschaufelt hat, düst er ab und lässt sich nur mittags kurz blicken. Er hatte sich direkt am ersten Tag mit Jan, einem achtjährigen aus dem Taunus verbrüdert, und verbringt jede freie Minute mit ihm. Als ich nachmittags kurz im Kinderclub vorbeischaute, funkelte mich ein geschminkter Fuchs vorwurfsvoll an: Nein, Mann, ich will noch nicht gehen.
Selbst, als ich um 17.58 zur Abholung schritt, forderte das Kind mich auf, noch zwei Minuten vor der Tür zu warten.

Und ich? Ich verbringe viel Zeit mit mir selbst, klebe dabei viel öfter am Handy, als ich es eigentlich sollte, und erwische mich immer wieder dabei, mich inmitten der vielen Muddi, Vaddi, Kind(er) Familien ein bisschen wie ein Sonderling zu fühlen. Das ist total bekloppt, weil ich wirklich nicht schüchtern bin und schon mit einigen sehr nett gequatscht hab, aber trotzdem – es fühlt sich schräg an.

Ich bin früher schon, lange bevor es den Piranha gab, immer gerne alleine gereist und bin immer gut mit mir ausgekommen, aber heute ist – ich muss es ganz ehrlich zugeben – ein bisschen ungewohnte Einsamkeit doch dabei. Ich glaub, das liegt aber vor allem am Set-up der Kinderhotels. Deren größten Vorteil man aber gerade als Single nicht leugnen kann: Ich habe ehrlich viel Zeit für mich.

Manchmal nehme ich mir inmitten dieses Family-Potpourris vor, *jetzt wirklich mal* aktiv zu daten, um mein Singletum mittelfristig zu beenden, aber so richtig Muße habe ich dann doch nicht…

Einpaar Dates mit Männern, mit denen ich mir entweder kaum etwas zu sagen hatte, oder die selbst mindestens genauso bindungsschräg wie ich waren, haben meine Grundskepsis dem Thema gegenüber in den letzten Jahren noch eher verstärkt.

Ach… es ist, wie es ist… sonst müsste ich schließlich auch meinen Blog umbenennen ;-).

Mein Froschprinz wird vermutlich kommen, wenn ich dafür bereit bin. (Bild: Pixabay)

Immerhin habe ich ein dickes 600+ Seiten Buch dabei und es gibt einen großartigen Badeteich, den ich ab etwa 19.00 komplett für mich habe. Und nachdem der kleine Piranha und ich gestern schon eine Sommer-Rodelbahn für uns entdeckt hatten, wollen wir morgen zum Goldwaschen. Jawoll.

Natürlich werde ich Euch berichten, wenn wir mit Koffern voll Gold die Heimreise antreten und sende Euch bis dahin allerliebste Urlaubsgrüße,

Eure Single City Mama

Der alte Herr und die Einsamkeit

Guten Morgen Ihr Lieben,

nachdem ich den kleinen Piranha heute überraschend früh und unzornig in die Kita gebracht hatte, beschloss ich den Tag mit einem externen Frühstück beim Bäcker zu beginnen.

Die letzten Tage waren vollgepackt, sommerlich schwül und unser Teamgrillen am Mittwoch war doch etwas Promille-reicher als geplant, entsprechend bin ich noch etwas etwas lädiert. Ein entschleunigter Morgen war mir sehr willkommen.

Fruehstueck_05

Kaum hatte ich mich mit meinem „Hamburger Frühstück“ gesetzt, spürte ich, dass mich ein alter Herr am Nebentisch mit seinen Blicken fixierte. Bitte sprich mich nicht an, dachte ich, und taxierte meine Lachsscheibe. Gerade als ich den ersten Bissen meines Brötchens genommen hatte, ging es los.

„Ist das alles Ihre Portion?“ fragte er, als wenn ich die ganze Auslage vor mir liegen hätte und nicht zwei Brötchen mit Lachs und Käse. Ich bejahte, bot ihm etwas an, aber der Mann ließ sich nicht beirren. „Wissen Sie, ich bin 86 Jahre alt…“ Es folgten Elaborationen über seine Zeit als Wachmann in der Gegend, gespickt mit Anekdoten über seinen Besuch beim Urologen („Wissen Sie, da müssen Sie hin, wenn die Leitungen undicht sind!“) und den köstlichen Pflaumenkuchen, den nur der hiesige Bäcker bietet, und der einen Fleck auf seinem Schritt hinterlassen hatte, den er hoffentlich wieder rausbekommen würde. Ah-ja.

Mein erster Impuls war, mich nach einem freundlichen Nicken einfach umzudrehen und meinen Gedanken nachzuhängen – was ja auch mein Plan gewesen war. Der Mann war offensichtlich schwerhörig, etwas verwirrt und ein Gespräch war mühselig. Doch dann sinnierte er „Das schlimmste ist die Einsamkeit“ und ich schämte mich für meine Gedanken. Die meisten seiner Freunde seien tot, er fühlte sich von der Stadt alleingelassen.

„Darf ich Ihnen ein Stück Pflaumenkuchen spendieren?“ fragte ich, aber der alte Herr lehnte ab. Die nächsten 15 min kommunizierten eine weitere, etwa 70-jährige Dame, der Herr und ich über das Drei-Tisch-Eck. Wir lächelten höflich über seine chauvinistischen Anekdoten und – was ihm eindeutig am wichtigsten war – hörten ihm zu. Schließlich verabschiedete ich mich ins Büro.

„Es gibt also auch noch nette Menschen“ hörte ich den alten Herrn sagen, als ich ging. „Es sind nicht alle so“.

Tja, da ging mein entspanntes Frühstück. Aber der Herr hatte einen geselligen Morgen und ein gutes Gefühl. Das war es wert.

Liebste Grüße und happy Friday von Eurer

Single City Mama