Bock-Rock für Abgrenzunglose

Lieblingsleser,

„Der tanzt Dir auf der Nase rum“ oder „Der hat Dich voll im Griff“ – kennt Ihr das?

Mama-Sein ist manchmal für uns Eltern echt ein mieses Geschäft. Irgendwie kann man es nie richtig machen. Reißt Dir der Geduldsfaden und wütest Du wie eine Furie, hast Du Dein Kind nicht im Griff und bist offensichtlich überfordert. Wütest Du nicht wie eine Furie und steckst das Ganze einigermaßen gut weg, bist Du offensichtlich von Deinem Nachwuchs dominiert und ein Fall für die Supernanny. Ab auf die stille Treppe, meine Liebe!

Engel oder Dämon? Welcher Mama-Typ bist Du? (Bild: Pixabay)

Immer wieder werde ich mit der These konfrontiert, dass ich zu nachgiebig mit dem kleinen Piranha bin. Bei Trotzanfällen folgt oft die Aussage, dass er genau wisse, wie er mich zu spielen habe, und es wiederum meine Schuld sei, dass er bocke. Kommt er abends drei mal aus dem Bett gewackelt, liegt das einzig und allein an mir – bei Babysittern oder Baba-Opa macht er das nämlich nie. Sanftmütig lächelnd entsteige ich dann aus dem Lotussitz, diskutiere die Einschlafproblematik mit dem Piranha aus und chante uns gemeinsam in Morpheus Arme… namaste… NICHT!

Nie werde ich eine U-Bahn-Fahrt in München vergessen, als der Piranha etwa ein Jahr alt war und zornig in seinem Buggy wütete, weil er einen weiteren Fruchtriegel speisen wollte. Als am Goetheplatz die Tür aufging und das Kind sich erbost artikulierte, sah mich eine wildfremde Mitte-Zwanzigjährige auf dem Bahnsteig schockiert an. „Wie das arme Kind schreit! Was sind Sie bloß für eine Mutter?“

Ja, das frage ich mich auch manchmal. Der kleine Piranha und ich sind ein kleines Team. Wir verbringen sehr viel Zeit miteinander – und haben natürlich unsere eigenen Charaktere. Rein vom Temperament her bin ich relativ gutmütig, meistens entspannt und niemand, der schnell aus der Haut fährt. Wenn ich genervt bin, bekommt der kleine „Tyrania“ das durch einen zackigen Ton und Süßigkeiten- bzw. Fernsehverbot zu spüren. Letzteres allerdings auch häufig konsequent.

Nach einem „Streit“ vertragen wir uns aber auch immer sehr schnell wieder. Natürlich versucht der kleine Piranha mich um den Finger zu wickeln, oft fließen trotz großen Gejaules keine echten Tränen und mich nervt es auch, wenn er sich beim Abendessen total überdreht daneben benimmt oder mich im Imperativ adressiert. „Los! Mach mir Netflix an!“ Gehts noch?

Aber will ich mich selbst immer total stressen, um den Piranha wie eine Maschine parieren zu lassen? Funktioniert das bei irgendjemandem wirklich gut? Wie handhabt man das in der Öffentlichkeit bzw. bei Bekannten, wo man das Kind nicht in sein Zimmer schicken kann?

„Du bist zu nett“ und „Du lässt Dir zuviel gefallen“ sind Sätze, die ich mein ganzes Leben lang gehört habe. Nicht als Kompliment!

Immer war ich mit dieser Tatsachenbehauptung komplett überfordert und fragte mich, was ich verändern müsse, um weniger „nett“ zu sein. Um ernster genommen zu werden oder mein Kind „besser im Griff zu haben“.

Abgrenzen. Grenzen setzen. Die eigenen Bedürfnisse erspüren und sich dafür einsetzen. Psychologen-Tipps für fast allen Lebenslagen. Das kann ich mittlerweile alles eigentlich ganz gut. Ich hab keinen Helferkomplex, bin nicht übermäßig angepasst und kann Schlussstriche selber setzen und mit Ablehnung umgehen. Das will ich natürlich auch dem kleinen Piranha auf seinem Weg ins Leben mit an die Hand geben. Aber wie funktioniert das in der Praxis – gerade wenn es um die Erziehung geht?

Mein eigenes Kind ist ja kein ätzender Nachbar, kein Verflossener oder erzürnter Passant, der sich über Eddies lautstarkes Bell-Organ echauffiert oder meine Mama-Skills in Frage stellt. Bei denen tut es im Zweifel auch Blackbear’s „Hot Girl Bummer“ einmal richtig laut aufgedreht.

„Fu-hu-huck you. And you. And you-huhu…“

Ich bin in fast allen Lebenslagen herzlich und freundlich, aber letzteres ist auch Teil meines Jobs. Und gehört neben diversen Macken (allen voran Chaos) eigentlich zu meinen positiven Charaktereigenschaften. Meistens ist es nicht mal geheuchelt ;-). Mit 90 Prozent der Menschen, die ich treffe, komme ich oberflächlich gut klar, auch wenn ich nur einen Bruchteil wirklich an mich heranlasse.

„Kill’em with Kindness“ ist meistens auch in schwierigen Situationen mein Schlachtplan. Nicht immer geht der auf, aber meistens. Es gibt auch einige (wenige) Leute, mit denen ich partout nicht kann, und das ist auch okay. „Du bist das Herz der Agentur“ schrieb mein Chef Claus in meine Weihnachtskarte und ich war sehr gerührt.

Auch Tante Hu fand warme Worte. „Hier ist die Nummer meiner Schwester. Ihr versteht Euch bestimmt gut – es gibt eigentlich niemanden, der meine Schwester nicht mag“, bewarb sie mich bei ihrer Untermieterin Johanna.

Aber bedeuten diese Wesenszüge automatisch, dass ich von meinem eigenen Kind nicht wirklich ernst genommen werde? Tanze ich vor dem Schlafengehen mit dem kleinen Piranha unseren Namen? Bock-Rock für die Abgrenzungslosen? Machen alle anderen das besser? Gibt es hier eigentlich einen Masterplan?

Ein schwieriges Thema, bei dem ich auf Eure Strategien und Wahrnehmungen gespannt bin.

Liebste Grüße von Eurer Single City Mama

Baba-Opas Ohrringphobie

Lieblingsmamas,

einen wunderschönen Mittwoch wünsche ich Euch!

Perfider Weise begann dieser für mich heute schon um 6.15, als ich von einem querliegenden Piranha aus dem Traumland vertrieben wurde.

Da ich noch jede Menge auf der Agenda hatte, stand ich auf, schmiss die erste Ladung Wäsche in die Maschine, reinigte rudimentär unsere Küche und reflektierte das vergangene Wochenende. Baba-Opa hatte wieder herrliche Zoten in petto.

Aktuell planen wir gerade unseren nächsten Generationenurlaub in den Alpen nach Ostern und Baba-Opa echauffierte sich wiederholt über meine Ohrringe. „So fahre ich nicht mit Dir weg, Kind“, sinnierte er kopfschüttelnd.

Wieder einmal sah ich mich um, ob er mit mir, seiner 34-jährigen Tochter sprach, oder mit dem kleinen Piranha. Er sprach mit mir, während der Piranha mit Gusto Schweinebraten mit Gelee in sich reinschauffelte. „Nicht mit diesen Dingern in den Ohren“, ergänzte er angewidert. Gemeint waren kleine Rosenquartze, die an einem Stück Gold ca. 2 mm von meinen Ohrläppchen baumeln. Man muss dazu sagen, dass Baba-Opa schon immer strikter Gegner von Piercings jeglicher Art war und seine Abneigung in der Regel lautstark zum Ausdruck bringt.

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Diese kleinen Ohrringe waren im wahrsten Sinne des Wortes der Stein des Anstoßes….

Als ich mit 16 für ein Austauschjahr in den USA lebte, ließ ich mir die Ohrlöcher heimlich stechen und stellte ihn vor vollendete Tatsachen. Mein Vater war zwar „not amused“, aber arrangierte sich mit der Situation. Dennoch hat er das Bedürfnis, jedes Paar, das sich mit meinem Besitz befindet (befand, vollständig sind kaum noch welche) zu kommentieren. „Die darfst Du meinetwegen tragen“, sagt er gnädig, wenn ich kleine Perlenstecker ausführe. Als ich eines Tages mit Kreolen kam, verschlug es ihm vor Gram die Sprache.

Meistens muss ich schmunzeln, da ich ihn lange genug kenne, um zu wissen, dass er nichts Böses im Sinn hat. Dennoch ist er mir wichtig, dass er mich ernst nimmt. Klar, meine Schwester und ich bleiben immer seine „kleinen Mädchen“ und wahrscheinlich wird es mir mit dem Piranha nicht anders gehen – aber oft muss ich ihm vor Augen führen, dass ich mittlerweile eine berufstätige Mutter mit einem akademischen Abschluss bin, einen eigenen Haushalt führe und selbst meine Steuern zahle.

Sogar das „Füße unter seinen Tisch strecken“ funktioniert nicht mehr – meist streckt er mittlerweile seine unter unseren.

Abgrenzung ist wichtig

Meine Entscheidungen – ob sie richtig oder falsch sind – treffe ich selber und auch der latente Machismus, der in der Generation meines Vaters noch ziemlich weit verbreitet war („hol mir mal…“), muss sich nicht unbedingt auf den kleinen Piranha übertragen.

In diesem Zusammenhang erzählte mir meine Freundin Sybille neulich eine Anekdote, die uns beide nachdenklich machte. Mann und Sohn (3) hatten im Wohnzimmer etwas zusammengebaut. Als Sybille helfen wollte, sagte der Kleine „Du kannst in die Küche gehen und was leckeres kochen“. Wir mussten beide lachen, aber schlussfolgerten, dass wir unsere Söhne definitiv zu emanzipierten Männern erziehen werden, die Frauen auf Augenhöhe sehen. Jawoll!

In diesem Sinne,

liebste Grüße von Eurer

Single City Mama

 

Business, Baby! Wenn das Leben zum Spagat bittet…

Wie für die meisten Frauen mit kleinen Kindern war der Wiedereinstieg in den Beruf für mich etwas, vor dem ich nicht nur großen Respekt hatte, sondern auch ein bedeutsames Fragezeichen in meinem Kopf. Würde ich es schaffen, Kind und Karriere unter einen Hut zu bekommen? Oder würde – wie einige Freundinnen resigniert berichtet hatten – der stetige Zweifel an mir nagen, dass ich mit meinen To Dos nie (wieder) wirklich fertig werden könnte, immer etwas auf der Strecke bliebe – im schlimmsten Fall mein Kind? Und würde ich auf kollegialer Ebene den Ansprüchen gerecht werden können oder im Team trotz Uni-Abschlusses und mehrjähriger Berufserfahrung ab sofort immer „die Mutti“ sein, die bei einer laufenden Kindernase sofort einen Hechtspprung aus dem Büro machen würde?

Schließlich ist gerade die Kommunikationsbranche ebenso wenig für ihre geregelten Arbeitszeiten bekannt wie kleine Kinder für ihr unerschütterliches Immunsystem und eine halbe Stelle auf dem Papier bedeutet in den seltensten Fällen einen ruhenden Stift vor dem Nachmittag.

Und doch: So sehr ich die Elternzeit und ausgiebige Krabbelkränzchen genoss, so sehr freute ich mich darauf, wieder in meinen Beruf zurück zu kehren – zwar nicht als PR Managerin, sondern im Rahmen einer neuen Tätigkeit, die logistisch wesentlich praktikabler war, da um die Ecke, und mein Hobby zum Beruf machte: ich wurde Redakteurin.

Universal-Skills von der „School of Mama“

Ich liebe das Schreiben und mein Job fördert und fordert mich in jeder Hinsicht. Tagsüber schreibe ich für meine Kunden Artikel über alles, was die Corporate-Welt bewegt – von traumhaften Destinationen, über hyperkonvergente Netzwerke bis hin zu Finanzpolitik und Elektromobilität. Dabei muss ich neben einer flotten, themenübergreifend kompetenten Schreibe vor allem ein großes Organisationstalent an den Tag legen und komplexe Sachverhalte schnell erfassen – Moment, war da nicht was? Ähnliche Skills gehören schließlich nur Basis-Jobbeschreibung für das Leben mit Piranha (nur dass mein Arbeitgeber mich „MAMA“ nennt und Pampers-Größe 5+ trägt). Soll heißen: Als Mutter habe ich in vielerlei Hinsicht einiges dazu gelernt, was mir in der heutigen Arbeitswelt – und damit letztendlich vor allem meinen Kunden – zugute kommt.

Teilzeit – geteilte Zeit?

Auf dem Papier habe ich eine Teilzeit-Stelle, um mich nachmittags ganz dem kleinen Piranha widmen und seinen Bedürfnissen nach ausgiebigen Schmuseeinheiten und sozialem Kontakt gerecht werden zu können. Doch klappe ich tatsächlich um 14.00 Uhr den Laptop zu? Die Antwort ist „nein“. Wie in fast jedem Job gehört in meinem die „Extra-Meile“ zum Profil. Und das tue ich eigentlich gerne, da ich meinen Beruf von Herzen liebe. Doch wo die Grenze ziehen?

Abgrenzen und Freiräume schaffen

Nicht umsonst raten Psychologen zu „gesunder Abgrenzung“, um sich zwischen Word und Windeln nicht zu zerreißen. Schließlich braucht Mama auch mal eine Auszeit und damit Zeit, die Batterien wieder aufzutanken. Das Zauberwort heißt: Freiräume schaffen. Gerade als Single Mama ist das oft alles andere als einfach und es bedarf eines ziemlich gut funktionierenden Netzwerkes. Momentan genieße ich täglich eine halbe Stunde Luft zwischen meinem Job und dem Zeitpunkt, an dem ich den kleinen Piranha aus der Kita abhole. Ein mal in der Woche cruist unsere liebe Leihomi mit dem kleinen Piranha durch die Hood und ich gönne mir 2 x im Monat in einem benachbarten Spa eine Rückenmassage und anschließend einen riesengroßen Cappucino. Und mit einer Regelmäßigkeit, die ich ihm von Herzen danke, ist mein Vater abends als Babysitter zur Stelle, so dass ich mich mit Freunden treffen kann und zumindest rudimentär informiert bin, was in der Welt abseits des Pampers-Äquators vor sich geht.

Mein Fazit: Das Leben als Business-Mama mit kleinem Piranha ist oft ein Spagat, der an den Kräften zehrt und alles andere als rosig, aber einer der sich persönlich für mich lohnt und als Single Mama auch wirtschaftlich unumgänglich ist. Wie schafft Ihr den Ausgleich?

Sonnige Grüße zum Wochenende,

Eure Single City Mama

Working mum guilt

(Bild-Quelle)