Von Frakturen und Freundlichkeit

Lieblingsmamas,

um uns war es in den vergangenen Wochen wieder etwas ruhiger geworden. Das lag vor allem daran, dass wir mit diversen Wehwehchen bei unterschiedlichen Ärzten vorstellig wurden und unseren Alltag recht unspektakulär in unseren eigenen vier Wänden fristeten.

Vor 3 Wochen brach sich der kleine Piranha beim Spielen an einem Metallbügel (diese sperrigen Teile, die häufig am Rand von Bürgersteigen stehen und Fahrräder sichern) den Ellenbogen. Makabrerweise spricht von einer „Olekranonfraktur“.

Natürlich passierte dies – wie sollte es anders sein – an einem Freitag Abend zu einer sehr unchristlichen Zeit nach dem Restaurantbesuch und ich war, als es passierte, in ein Gespräch mit meiner Freundin vertieft.

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Mein Piranha als Prinz Charming? Irgendwann bestimmt, aber zum Glück bin ich noch seine Königin… (Bild: Disney)

Tante Hu, die ich von der Wohnzimmercouch einsammelte, und ich düsten mit dem müden Piranha ins Kinder-UKE, das zum Glück nicht weit von uns entfernt ist, und verließen das Etablissement gegen 1 Uhr morgens mit einem schlafenden Piranha, der seinen Arm in einer sperrigen Castschiene (primitiv: Gips) lagerte.

Als wäre der Gipsarm nicht schon belastend genug, kam in der Folgewoche noch ein Fieberschub dazu und ich lag einige Tage mit Magen-Darm flach, meinem allerliebsten Lieblingsgruß aus der Kita… nicht!! So verlebten wir die vermutlich vorerst letzten Hochsommer-Tage des Jahres vergleichsweise unspektakulär in unseren eigenen vier Wänden – eine Tatsache, die ich – kaum waren wir beide wieder gesundet und der Piranha dank eines ambitionierten Orthopäden nach 2 Wochen wieder Castschienen-befreit – aufholte.

Wir gingen auf den Dom, besuchten das Schwimmbad im Centerpark (das wir beide doof fanden, nachdem wir uns an der Rutsche verletzt (Piranha) und über einen Ast gestolpert waren (ich).

Immer wieder fällt mir dabei auf, wieviel Spaß es macht, mit meinem 4-jährigen Kind unterwegs zu sein. Wir können uns richtig unterhalten, zusammen chillen und der Piranha sagt mir, wenn ihm etwas nicht passt. Oder ich nochmal Geld in den betrügerischen Greifautomaten schmeißen soll, der das bescheuerte Einhorn auch noch vier Versuchen nicht zum Ausgang befördert hat, verdammte Axt.

Momentan ist der kleine Piranha sehr anhänglich, fordert oft Kuscheleinheiten oder Übernachtungsbesuche in der „großen Heia“ ein. Dort haben wir uns kürzlich eine „Höhle“ in Form eines improvisierten Betthimmels errichtet und in der benachbarten Lampe eine pornöse Buntlicht-Birne mit Schaltung eingeschraubt. Ich liebe sowas!

Neulich fuhren wir in die Kita und ich blökte plötzlich „Schatz, ich hab Dich liiiieb“ in Richtung Rückbank. „Das weiß ich doch, Mama!“ seufzte der Piranha und mir ging das Herz auf.

Als ich vor ziemlich genau 5 Jahren den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, hatte ich nicht die geringste Ahnung, was für ein Dreamteam dieser freche kleine Knopf und ich werden würden. Da ich schon immer sehr unabhängig war, fühlte ich mich mit 30 durchaus im Stande ein Kind allein zu bekommen und zu erziehen, und freute mich auch ohne feste Beziehung auf den kleinen Piranha.

Nachdem der Vater des Piranhas und ich keine Liebesbeziehung im klassischen Sinne unterhielten, war die emotionale Situation zum Glück nicht zu verworren, so dass ich gewissermaßen wusste, worauf ich mich einließ. Natürlich ohne es wirklich zu wissen – aber ich glaube das geht allen werdenden Mamas so.

Natürlich gab es seither immer wieder Herausforderungen und Situationen, die emotional und organisatorisch schwierig waren. Meine Panikattacken 2016 waren schließlich nur der Gipfel einer konstanten Überlastung. Zum Glück habe ich diese Phase mit medizinischer und therapeutischer Unterstützung sehr gut in den Griff bekommen und bin heute wesentlich besser darin, meine Grenzen und Bedürfnisse zu erkennen und abzustecken.

Immer wieder fragt mich der kleine Piranha, wann er ein Bruder wird. Oft fragt er mich, ob ich meine Brüste noch habe, um das kommende Geschwisterchen zu verpflegen. Eine Schwester ist übrigens nicht erwünscht.

Und auch wenn ich mir ein zweites Kind vorstellen kann, würde mich das allein überfordern. „Irgendwann“, sage ich ihm dann, wenn die Umstände passen. Mit 34 tickt die Uhr noch nicht so laut.

Erstmal gehen wir Ende des Monats wieder auf Reisen, diesmal nach Südtirol. Ich bin so stolz auf meinen kleinen Kerl, der eine echte Charmebombe ist. Er geht so offen und neugierig durchs Leben, dass die allermeisten Menschen völlig verzückt sind, wenn sie dem Piranha begegnen. „Von wem hat er das?“ fragte mich meine Freundin Ilka gestern.

Ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass meine Erziehung einen Teil dazu beiträgt, dass der Piranha so ein glückliches und entspanntes Kind ist.

Liebste Grüße von Eurer

Single City Mama

Wutzwerg Inc

Lieblingsmamas,

der Piranha befindet sich aktuell wieder in einer Wachstumsphase. Die Klamotten passen zwar alle noch, aber das Gefühlsspektrum wird breiter. Neben herzigsten Liebesbekundungen („Mama, Du bist mein Held!“), kommt es auch regelmäßig zu Tobsuchtsanfällen. Der kleine Mann flucht wie ein Seemann („jetzt reicht`s mir aber auch mit Dir, Du böse Mama!“) und wäre es nicht pädagogisch vollkommen kontraproduktiv, würde ich jedesmal herzhaft mitlachen. Und kontern. „Netter Versuch, Du ehemalige Zelle meines Körpers“.

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Der Grat zwischen „Gefühle ausleben“ und „auf Mamas Nase Samba tanzen“ ist bisweilen ein schmaler… (Bild: Tiergarten Schönbrunn)

Gestern war er nach einem Ausflugstag mit seinem Papa furchtbar ko und wollte sich im Kinderzimmer (wo zufällig das iPad stand) mit mir ausruhen. Da ich mich schon auf auf unserer riesigen Wohnzimmercouch ausgestreckt hatte, kuschelte ich den Piranha an mich und bat ihn, die Augen zuzumachen. Der kleine Piranha schimpfte wie ein Rohrspatz. Sein Zorn währte etwa 10 min, dann schief er anschließend zwei Stunden wie ein Stein. Ich blieb vollkommen ruhig und ließ ihn bocken (gelingt mir nicht immer). Negative Gefühle aushalten – etwas, das mir selbst nicht gerade leicht fällt – check!!

Heikler wird es, wenn viele Erziehungspositionen aufeinandertreffen. Während Baba-Opa zum Beispiel null Toleranz für Wutanfälle des kleinen Mannes hat, ist Tante Hu streng, aber sachlich. Als Mama-Tier bin ich am nachgiebigsten und anfälligsten für das Druckmittel „Klammerärmchen und Kulleraugen“. Eine Tatsache, die der Piranha schon für sich zu nutzen weiß. „Mama“ flüstert er abends verschwörerisch und schließt die Kinderzimmertür. „Darf ich den Schnuller haben?“

Der Königsweg? Ich glaube, es gibt ihn nicht. Ich möchte, dass der kleine Piranha lernt, mit allen Gefühlen gut umzugehen. Dass ist okay und wichtig ist, mal wütend und traurig zu sein. Er muss sich nicht ständig anpassen. Aber natürlich möchte ich auch nicht, dass er andere Leute bepöbelt oder einen Karren schiebt, nur weil ihm gerade da nach ist.

Momentan versuche ich meine Intervention situativ abzuwägen. Er ehrlich gesagt war ich gestern selbst viel zu ko, um mich aufzuregen. Ist auch mal schön 🙂

Liebste Grüße von Eurer

Single City Mama