Little Miss Nice

„Lieb, nett und immer gut gelaunt“ – diese (vermutlich) nett gemeinten Zeilen standen in unserer Abizeitung über mich. Ich kann gar nicht aufzählen, wie oft ich in meinem Leben schon gehört habe, ich wäre „zu nett“. Und das ist nicht immer als Kompliment gemeint.

Nett – das ist in unserer Gesellschaft häufig ein Synonym für konfliktscheu, durchsetzungsschwach oder schlichtweg schnöde. Jemand, der sich alles gefallen lässt und kaum aufbegehrt, weil es ihm an Selbstwert mangelt. Der „kleine Bruder von Sch…“ munkeln böse Zungen. Moooment – ich soll „zu nett“ sein? Ich hab doch gar keinen Bruder…

Littlemisstroublebook

Little Miss Trouble – mein Idol in kleinen Scheiben? (Bild: Mr. Men Wiki)

„Bleib so, wie Du bist – die Menschen lieben nette Menschen“, sagte meine Mutter einmal pragmatisch zu mir. Und tatsächlich scheint meine „Nettigkeit“ eine meiner größten charakterlichen Stärken zu sein und wird von meinen Freunden gleichgesetzt mit Herzlichkeit, Ausstrahlung und Charisma – ein schönes Kompliment, über das ich mich aufrichtig freue.

„Angepasst“ – war das Wort, das mein Coach benutzte, als wir uns das erste mal trafen. „Fern von den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen.“ Das klang ganz und gar nicht positiv – und ich war erstmal beleidigt. Und jetzt? Wie werde ich un-netter? Will ich das? Geht das überhaupt – bewusst anecken?

Ist es wirklich geil, ein Arschloch zu sein?

Hat Christian Möllmann Recht? Ist es wirklich erstrebenswert, ein „Arschloch“ zu sein? Fakt ist – ich bin ein fröhlicher Mensch. Ich bin aufgeschlossen und mag Menschen. Mit Herzlichkeit und Freundlichkeit lockt man selbst die muffigsten Zeitgenossen aus der Reserve – das hat mir meine Mama gezeigt. Und mit Empathie und Hilfsbereitschaft bricht man sich ja schließlich keinen Zacken aus der Krone. Ich mag es, wenn fremde Menschen mich offen anlächeln und umarme auch Menschen, die ich kaum kenne – weil es verbindlicher ist. Und verbindet. Meistens habe ich nicht das Gefühl, dass ich mir dadurch schade – oder nicht ernst genommen würde. Ich habe liebe, hilfsbereite Freunde, eine tolle Kleinfamilie, einen spannenden Job und ein fröhliches Kind, das mich glücklich macht.

Dennoch: Wenn ich auf die letzten vier Jahre zurück blicke, wird mir klar, dass eine Transformation ganz automatisch eingetreten ist, ohne dass ich bewusst etwas verändert habe.

Der Verlust meiner Mutter, meine eigene Mamarolle, der Spagat zwischen Job und Muttersein, der Alltag als Alleinerziehende mit alleinigem Sorgerecht, Unterhaltsforderungen, die Durchsetzung meiner Rechte – mit dem Oxytocin, das mein Körper direkt nach der Geburt des kleinen Piranhas en masse ausgeschüttet hat, kam der Löweninstinkt. Ich kann beißen – nicht nur, wenn es um mein Kind geht. Auch wenn mir oder anderen Unrecht widerfährt. Was andere über mich denken ist mir  – über das gesunde Maß hinaus – schnurzpiepegal.

3344490974856648726973927-596964

Polarisiere ich?

Neulich gab es einen Konflikt im Job und mein Chef Claus sagte zu mir „Wiebke, Du polarisierst. Die einen lieben Dich – die anderen hassen Dich. Es gibt nichts dazwischen“. Ich war erstmal perplex – und ein bisschen beleidigt. Ich und polarisieren? Harhar – in meinen „netten“ Ohren klang das nicht minder absurd als die Vorstellung, einen Marathon zu laufen. Wer sollte einen Grund haben, mich nicht zu mögen? Das ist nicht nett!

Doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr dämmerte es mir: Ich habe mich weiterentwickelt. Ich bin kantiger. Habe Fehler, mache Fehler. Meine Frustrationstoleranz steigt – und sinkt zugleich. Ich bin eine sozial-verträgliche Löwenmama mit Bedarfskrallen. Und das ist gut so!

Eure Single City Mama

Portrait: „Mama Nature“ Dagmar

Hallo Ihr Lieben,

heute möchte ich Euch eine tolle, inspirierende Power-Mama vorstellen: Dagmar (43) ist „Single Country Mama“ einer Tochter (8). Das fröhliche Duo lebt auf dem Land zwischen Hamburg und Bremen. Vor fünf Jahren hat Dagmar den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und arbeitet seitdem als freie Fotografin, Redakteurin, Coach für (Kleinst-) Familien und Kommunikationsberaterin für Unternehmen.

Dagmar

Bild: Dagmar Fitschen

Dagmar ist stolz und dankbar, das Leben und die Erziehung ihrer kleinen Tochter allein zu wuppen. Allein? Nicht ganz – unterstützt wird sie von einem tollen Netzwerk, das sie sich nach und nach geschaffen hat.

„Mein Mutter-Kind-Retreat ist meine persönliche Antwort auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ 

Dagmar liebt die Natur und schöpft aus ihr unheimlich viel Kraft – etwas, dass sie auch an andere (Single) Mamas und Kinder weitergeben möchte. Deshalb hat sie das „Mutter-Kind-Retreat“ ins Leben gerufen. Die Idee: Kraft sammeln, Neues erleben und zusammen wachsen – und wo geht das besser, als in der Natur?

Holz statt Handy

Die Mamas, die an Dagmars‘ Retreat teilnehmen, wollen die  Zivilisation mal einen Augenblick hinter sich lassen: Kein Handy, kein Hamsterrad, kein Thermomix. Einfach nur draußen sein. Den Geräuschen des Waldes lauschen. Stille und Gemeinschaft genießen – gemeinsam mit den Kids und anderen Mamas Zeit miteinander verbringen, entschleunigen und beim Schnitzen, Klettern und Spielen „Mutter Natur“ erleben.

DSC07498-1024x682 (1)

Der Wald ruft!

Was interessierte Mamas brauchen: Etwas Mut, eine Prise Neugier und Lust auf Natur. Dann noch Isomatte, Schlafsack, Taschenmesser und ein paar weitere Utensilien. Eine Packliste gibt es von Dagmar bei der Anmeldung. Geschlafen wird mitten im Wald – die „Unterkünfte“ werden gestellt. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt: Gekocht wird gemeinsam am Feuer, weil das Feuer auch ein elementarer Bestandteil der Arbeit im Draußen ist. Es wärmt und verbindet!

Wer Lust bekommen hat: Der Natur-Retreat für Mutter und Kind kostet 249 € (inkl. Mwst.) und enthält:
• zwei Tage Entschleunigung pur
• Austausch mit Gleichgesinnten
• gegenseitige Unterstützung in kniffligen Fragestellungen
• Einzelcoaching nach Bedarf und Möglichkeit
• Verpflegung (bio und vegetarisch)
• ein einstündiges Coaching (für die Mutter) nach dem Retreat

Für Spontane: Das nächste Retreat findet vom 9. 4. – 11. 4. im Landkreis Rotenburg (Wümme) statt.

Anmeldungen und Fragen per Mail an: dagmar@die-prozessbegleiterin.de

Eure Single City Mama

Zähne zeigen: Vom Google-Orakel und Aggro-Omis

Wir sind wieder zuhause!

Der Alltag hat uns wieder! Statt Alpen-Panorama schaue ich aus dem Fenster auf unseren leicht verwilderten Garten, in dem jede Sekunde ein liebeskranker Nick Cave seiner „wilden Rose“ Kylie Minogue eins überzimmern könnte – Tante Hu und ich wollen den nächste Woche unbedingt vertikutieren. Den Rasen, nicht den Nick.

Und statt eines täglich wechselnden bunten Themen-Buffetts lockt der heimische Kühlschrank mit abgelaufener Bärchenwurst, die ich der Vernichtung zuführen musste.

ltere Cartoon Super Heldin

Den Kampf gegen die Mecker-Omis pack ich doch mit links…oder? (Bild: Fotolia)

Auch von meiner Langzeit-On-and-Off-Liebe Nutella habe ich mich eben theatralisch wieder verabschiedet („es liegt nicht an Dir, Du cremiges Glück!“), nachdem ich mich dabei ertappte, wie ich gedankenverloren mit Oles langem Breilöffel den Glasinhalt in meinen Mund löffelte. So landete das noch viertelvolle Glas (Optimistin im Herzen!) postwendend in der Tüte mit den Stinkewindeln (für eine Freundschaft war es einfach noch zu früh!) – hab ich doch aller guten Vorsätze und täglicher Schwimmsessions zum Trotz im Urlaub zwei Kilo (na gut – fast drei) zugenommen. Aber ich muss ehrlich sagen: sie waren es sowas von wert! Das Essen war fantastisch.

Apropos wert: Eine Lektion der (Selbst-) Wertschätzung erteilte mir gestern die gefühlte Erdumrundung München-Hamburg mit der Deutschen Bahn. Nachdem Baba-Opa sich natürlich aus rein logistischen Gründen einen (!) Platz im Großraumabteil in Wagen drei klar gemacht hatte, ließen der kleine Piranha und ich uns wie gewohnt im Kleinkindabteil des Wagen 9 nieder. Der kleine Piranha langweilte sich trotz Gesellschaft des gleichaltrigen „Raffi“ schnell und so begannen wir nach etwa zwei Stunden unseren Spaziergang durch den Zug. „Hallo“ schmetterte der kleine Piranha im Stakkato den anderen Zuggästen entgegen, was 99,9 Prozent der Mitreisenden mit einem gerührten „ach was ist der süß!“ kommentierten, freundlich zurück grüßten und Kekspackungen zückten.

17499334_10158466999820437_748661153864302082_n

Als wir Wagen 3, in dem Baba-Opa mit einer sechsköpfigen Damengruppe aus Hannover saß und schäkerte, erreichten, mischte der Piranha sich schnell fröhlich in das Kniffel-Spiel der Damen. Die netten Frauen, die selbst mehrfache Großmütter waren, waren verzückt und integrierten den kleinem Mann sofort. Er durfte würfeln und freute sich sehr – die Stimmung war heiter und ausgelassen. Bis es aus den hinteren Reihen zischte…

„Unmöglich!“ hörte ich, und es dauerte ehrlich gesagt eine Weile, bis ich realisierte, dass es um mein Kind ging. „Das hier ist ein Ruhebereich und dann so ein lautes Kind! Da muss man sich unbedingt beschweren, man kann hier in Ruhe keine Zeitschrift mehr lesen. Und die Mutter unternimmt nichts – sitzt nur da und grinst“. Ich war fassungslos.

Normalerweise bin ich weiß Gott nicht auf den Mund gefallen, aber da ich nicht genau wusste, woher die Tirade kam, blickte ich nur bitterböse in die Richtung und sagte „Sie wissen schon, dass es sich hier um einen 2-jährigen Jungen handelt? Damit müssen sie klar kommen“. Die Alten sagten nichts und starrten nur vor sich hin, vielleicht aus Angst, dass „Mama Grinsekatze“ handgreiflich werden könnte. Eine Viertelstunde später zuckelten der kleine Piranha und ich wieder in unser Kinderabteil und wütend berichtete ich Raffis Eltern, was mir passiert war. Gemeinsam schimpften wir auf die verbiesterten Weiber und mir ging es bald wieder besser. Andererseits ärgerte ich mich etwas, dass ich nicht noch deutlicher für das Recht des kleinen Piranhas, sich im Zug (ja, auch im Ruhebereich) zu artikulieren und Kind sein zu dürfen, eingetreten war. Ich dachte an meine Freundin Susann, die in ähnlichen Situationen schon sehr viel deutlichere Worte gefunden hat.

Ab und zu Zähne zu zeigen und angemessen auf Provokation und Ungerechtigkeit zu reagieren, hat auch viel mit Selbstwert zu tun. Und obwohl ich in den meisten Bereichen des Lebens eine absolut selbstbewusste Frau bin und es mir an Worten sehr selten mangelt, wünschte ich mir manchmal etwas mehr Toughness (gibt es dieses Wort?):

Dass ich einfach sage, was ich denke, ohne es zu überdenken. Dass ich meinen kleinen Piranha wortgewaltiger verteidige, wenn ich ihn oder uns ungerecht behandelt empfinde. Und ja, auch dass ich nach einem schönen Date statt „[Das jeweilige Verhalten des Mannes] + Mag er mich?“ zu googeln (!) und zu hoffen, dass die Liebes- und Lebenserfahrung von m46 oder lovemaster78 die Erleuchtung bringt, einfach sage, was ich denke und fühle, und dadurch selbst ganz schnell heraus finde, ob „er“ mich mag oder eben nicht. Einfach öfter tun statt denken, Kante zeigen und anecken und im Zweifel mal was riskieren.

What have you gotta lose?

Das Thema hatte ich auch beim Cocktails trinken mit meiner Freundin Tina am Abend zuvor. Das Leben ist so kurz, man hat so wenig zu verlieren – wir sollten einfach viel öfter sagen, was wir wirklich denken, statt uns zu ärgern – über verpasste Chancen, das Verhalten anderer Menschen, und, und, und.

Vielleicht bekommen wir trotzdem nicht immer, was wir wollen – aber es geht uns einfach viel, viel besser.

Einen schönen Sonntag noch Euch allen!

Eure Single City Mama

Genuss bis in die Zehenspitzen

Servus aus dem Alpenland, Ihr Lieben, grüßt wen auch immer 🙂

… normalerweise ist es ja mein Job, die Dinge schön zu schreiben und mit möglichst viel Eloquenz und Einfallsreichtum aus Banalitäten Diamanten zu formen. Aber manchmal ist die Wirklichkeit so schön, dass es mir richtig schwer fällt, die Atmosphäre mit Worten einzufangen.

17426341_10158444325020437_1648952339426101648_n17362432_10158444325645437_9199954635444557827_n

Unser dritter Tag im Zillertal neigt sich dem Ende entgegen und ich bin glücklich. Mir geht es richtig gut. Ich habe das Gefühl, meine Seele beim Check In mit dem Begrüßungs-Prosecco einfach runtergespült zu haben. „Komm, ich nem Euch mit!“ sprachs zu den Alltagswehwehchen  und seitdem bin ich geflasht: Von dem wunderschönen Alpen-Panorama um uns herum, von vielen herzlichen, entspannten Menschen, von fantastischem Essen, von einem Rooftop-Spa, von wohltuenden Massagen und von so viel frischer Luft, dass ich mich gar nicht satt riechen kann.

17309716_10158444325620437_5746821370941265070_n

Wenn morgens um 10.00 der Panorama-Pool öffnet, bin ich meistens die erste (und lange die einzige – versteh einer die Urlauber), die dort ihre Bahnen zieht. Stundenlang. Mit der Sonne im Gesicht und einem Endorphincocktail, der mich nur lächeln lässt. Das Wasser perlt auf der Haut, die Berge rahmen das Paradies – beständig, majestätisch und unfassbar grün. Nur die Gipfel sind immer noch schneebedeckt. Eben war „lange Nacht im Spa“ und kaum war der Piranha eingeschlafen, eilte ich im Bademantel durch das Hotel. Das Wasser des 32 Grad warmen Außenpools war bunt illuminiert. Dazu dunkle, kalte, frische Bergluft, die nach Kaminfeuer roch und der Blick auf beleuchtete Berghütten, die die Hänge säumen. Wunderschön!

17426114_10158444325510437_4218959110242289970_n

Obwohl das Hotel gut besucht ist, wirkt es nicht überfüllt. Und auch mein Vater und der kleine Piranha fühlen sich pudelwohl. Es gibt einen großen Indoor- und Outdoor-Spielplatz mit Hüpfburg, Bällebad mit Rutsche, Kinderschwimmbad und wirklich allem, was das Piranha-Herz begehrt. „Baba-Opa“ bringt seinem Enkel mit ganz viel Geduld und Spaß das Schwimmen bei und mir geht das Herz auf, wenn der kleine Mann freudestrahlend in der Kindergruppe auf mich zugehüpft kommt und“meine Mama!“ kreischt während er seine Ärmchen um mich schlingt. Gemeinsam haben wir das Klettergerüst erklommen und Abend für Abend verabschiedet sich der Piranha am Tisch mit den Worten „Tschüß, Mama, ich geh einkaufen“, um wenig später mit einer Hand voll Weingummi vom Buffett stolz wie Oskar wieder vor uns zu stehen.

17309731_10158444325000437_3276805743264979079_n

In diesem Urlaub bin ich Tochter, Mutter, aber vor allem Mensch, der einfach nur genießt – und richtig glücklich ist. An keinem Ort der Welt würde ich gerade lieber sein. Nicht mal den Fidschis – und das soll was heißen.

Liebste, tiefenentspannte Grüße von

Eurer Single City Mama

„Oma kommt gleich wieder runter“

Gestern nachmittag fuhr ich mit dem kleinen Piranha auf den Niendorfer Friedhof, um meiner Mutter schöne Frühlingsblumen ans Grab zu bringen. Meine Mutter ist 2011 verstorben, 2 1/2 Jahre bevor der kleine Piranha das Licht der Welt erblickte, aber sie ist auch heute noch ein fester Bestandteil unseres Lebens und Alltags.

In unserer Wohnung stehen viele Bilder, der kleine Piranha „erkennt“ Oma sofort und auch von der Aussage „Oma ist im Himmel und passt auf uns auf“ hat er seine ganz eigene Vorstellung. „Oma Blumen bringen“ tönt es regelmäßig, wenn wir mit dem Piranha-Mobil einen Floristen passieren. Als wir gestern am Grab standen schaute er in den Himmel und sagte „Oma kommt gleich wieder runter“ mit einer solchen Natürlichkeit im Tonfall, dass ich mich fragte, welches Konzept der kleine Piranha wohl vom Himmel und Tod hat.

cherry flowers

In der Erinnerung liegt die Liebe… (Bild: Fotolia)

Denn obwohl er meine Mutter nie gesehen hat oder sie ihn im Arm halten konnte, redet er mit einer Selbstverständlichkeit von ihr, als würde er seinen Kita-Alltag berichten.

Für mich selbst war mein Opa, der Vater meiner Mutter, der 13 Jahre vor meiner Geburt starb als meine Mutter noch ein Teenager war, eine Art graue Eminenz, der mir nie wirklich lebendig erschien. Die Bilder von Opa zeigten einen großen, schlanken Mann in Uniform, der wenig lächelte. Viel über ihn gesprochen wurde allerdings nicht – vermutlich einfach aus dem Grund, dass es schon so lange her war. Meine Oma war eine Powerfrau, die ihr Leben auch allein bemerkenswert meisterte.

Ich wünsche mir, dass der kleine Piranha ein bunteres Bild von seiner Oma bekommt und ein Gefühl für die Ausstrahlung, den Intellekt, die Coolness und das warmherzige Wesen, das meine Mutter ausgezeichnet hat. Meine Schwester ist unserer Mutter in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich und der Piranha liebt seine Tante Hu abgöttisch. Ich bin unendlich dankbar für „Baba-Opa“, der seiner Rolle mehr als gerecht wird und immer für uns da ist. Und für unsere Leihomi Claudia und ihren Mann „Opa Jürgen“, die den kleinen Piranha aus einer freundschaftlichen, großelterlichen Perspektive mit erziehen.

Auch wenn der Tod in der Gesellschaft vielfach tabuisiert wird, gehört er bei uns dazu. Meine Mutter ist weiterhin ein Teil von uns – ein Schutzengel, der auf uns aufpasst. Mit einem staubtrockenen Humor anstelle von kitschigen Flügeln und ihrer ganz besonderen Art, die in uns weiterlebt, in ihren Töchtern und ihrem Enkel.“Baba-Opa“ bespricht regelmäßig die Lottozahlen mit ihr, auch wenn meine Mutter den Jackpot bis dato noch nicht geknackt hat.

In ihrer Todesanzeige haben wir bewusst den Spruch „… erzählt lieber von mir und traut Euch auch zu lachen“gewählt, weil es genau das ist, was ein vergangenes Leben würdigt. Erzählen, lachen, weinen, ohne Idealisierungen oder falsche Pietät.

Oma kommt nicht wieder runter, kleiner Piranha, weil sie immer bei uns ist.

Eure Single City Mama

Popeye, die Seemama

Nachdem meine Fitness First-Mitgliedskarte ein Dreivierteljahr im Exil geschlummert hat (und ab dato auch nicht mehr gesehen war) und vermutlich auch der letzte nicht-vital-lebenswichtige Muskel in meinem Körper verkümmert ist, fasste ich kürzlich einen Beschluss: Ich brauche mehr Bewegung. Der Frühling kommt und ich habe die Kondition eines Wasserbüffels (Degradierung letzterer nicht beabsichtigt). Ausserdem zieht die Muckibude monatlich €65 ein und das sind immerhin zehn Großpackungen Häagen Dasz (kenne Deine Währung!)… Tsaaaa!

Popeye1

Jeder braucht ein Idol… (Bild: Elzie Crisler Segar)

Um dieser Erkenntnis mehr Gewicht zu verleihen, als bei einer kulinarisch-archeologischen Ausgrabung von Ben & Jerry’s Karamell Sutra den nächsten Spaziergang zu TK Maxx zu planen, packte ich meine Sporttasche. Und ich ging. BAM!

Seit 2 Wochen jeden zweiten Tag eine Stunde Ausdauer und Geräte. Heute steht die gepackte Schwimmtasche neben meinem Schreibtisch. Logistisch ist das zwar eine kleine Herausforderung, aber da der kleine Piranha momentan früher aktiv ist, hänge ich das Training in der Woche zwei mal direkt an den Job und gehe am Wochenende nach dem Frühstück, während der Piranha und Opa ein gemeinschaftliches Generationen-Nickerchen abhalten.

Das Fazit: Ich bin begeistert! Es tut unheimlich gut, meine Laune ist gehoben, ich fühle mich fitter und wohler in meinem Körper – und der Endorphin-Schub beruhigt. Auf den ersten Blick ein bisschen paradox, aber ich bin viel, viel ausgeglichener.

Hochmotivierte Grüße von Eurer

Single City Mama

 

Unerkannte Heldinnen

Guten Morgen meine Lieben,

gestern abend war ich nach sehr langer Zeit mal wieder im Kino. Ein lieber Kunde, der das Buch zum Film in Deutschland verlegt hat, hatte mir zum Geburtstag Freikarten für „Hidden Figures“ geschenkt und so saß ich abends mit zwei Freunden im UCI.

Um das Fazit langweiligerweise mal vorweg zu nehmen: Der Film war fantastisch. Rührend, inspirierend, (fremd-) beschämend, aber vor allem unglaublich stark.

17190512_10158370041835437_4610191199222072180_n

Nach dem tollen Film freu ich mich jetzt riesig auf die Lektüre…

Hidden Figures (basierend auf dem Roman von Margot Lee Shetterly, der im Januar bei HarperCollins erschienen ist) erzählt die Geschichte der drei brillianten afro-amerikanischen Wissenschaftlerinnen Katherine G. Johnson, Dorothy Vaughan und Mary Jackson. In den USA der frühen sechziger Jahre ist natürlich von Gleichberechtigung noch keine Spur und so haben die drei NASA-Mitarbeiterinnen gegen viele Vorurteile und Stigmatisierungen in ihrer Organisation zu kämpfen.

Und sie kämpfen: für ihre Träume, für ihre Töchter und Schwestern und Generationen von Frauen, die nach ihnen kommen.

Spätestens als Katherines Chef (Kevin Costner als Al Harrison) – nachdem er mitbekommen hat, dass sie täglich mehrere Meilen laufen muss, um während der Arbeit zum „Colored Ladies Room“ zu gelangen, eigenhändig das diskriminierende Schild mit einer Axt abmontiert, kamen mir die ersten Tränen.

Ich habe in meinem Studien-Hauptfach Amerikanistik wahnsinnig viel über die Frauen-Bewegung und die soziokulturellen Hintergründe der Afro-Amerikanischen und Chicana/o-Völkergruppen (Chicana/os sind US-Amerikaner mexikanischer Herkunft) gelesen und finde es allein aus einer wissenschaftlichen Perspektive unheimlich spannend.

Aber die Emotionalisierung eines gut inszenierten Spielfilms schafft in meinen Augen häufig sogar noch ein besseres Verständnis für die Thematik, aus der wir heute noch viel lernen können: Allem voran den Mut zu haben, gegen Widerstände und für unsere Träume zu kämpfen.

Liebste inspirierte Grüße,

Eure Single City Mama

Mama grenzenlos?

So, jetzt ist es amtlich – mein iPhone ist schlauer als ich. Es sagt mir rechtzeitig, wenn der Akku leer ist und wenn ich das Kabel nicht dabei habe, zeigt es mir ne Nase. Zapp – und aus. Kann ich mir eigentlich eine Scheibe von abschneiden. A.I. reversed? Das Thema kommt eindeutig auf die Agenda für eine mögliche Spielberg-Adaption…

Aber der Reihe nach… Gestern war ein per se wirklich schöner Tag, an dem ich doch an meine Grenzen gestoßen bin. Gefahr erkannt – Lektion gelernt. Oder nicht?

Low Battery Illustration

Akkustand niedrig… (Bild: Fotolia)

Der kleine Piranha kam um 7.15 morgens an mein Bett gewatschelt und forderte den morgendlichen Milchausschank. Danach gewährte er mir noch eine Stunde Ruhe, während er sein Hab und Gut bespielte und ich bäuchlings auf Kissen und Decken in Gedanken den Tag durchging. Und der hatte es in sich.

Um 10.30 hatten wir einpaar liebe Mama-Freundinnen zum ausgiebigen Sonntagsbrunch eingeladen, was toll war. Die Kiddies spielten und wir hatten ordentlich Zeit zum quatschen über Kinder, Männer, Jobs – die wirklich wichtigen Themen, Ihr merkt es schon. Bedeutete natürlich auch Vorbereitung, Wohnung sauber machen, Essen und Getränke anrichten, Kinder einfangen, nachdem die Tante Hu in ihrer Wohnung eingeschlossen hatten…

Um 14.30 gingen die letzten Gäste und der kleine Piranha war überreif für den Mittagsschlaf. Wir legten uns beide kurz hin, aber ich fand keine Ruhe und war in Gedanken schon bei der Nachmittags-Logistik. Um 15.30 wollten wir eigentlich seinen kürzlich verzogenen Kita-Buddy Timmi besuchen, worauf wir uns wirklich freuten. Weil es zeitlich schon knapp war, verschob ich das Treffen etwas nach hinten, der Piranha machte sein Nickerchen während ich aufräumte und um 16.30 waren wir im 40 Km entfernten Ahrensburg zum Kaffee aufgelaufen.

Es war ein richtig netter Nachmittag, wir beguckten das neue Haus, aßen Kuchen, tranken Kaffee und quatschten. Aber als ich um 19.00 bei meinem Vater (Baba-Opa) auf der Matte stand um mit Eddie eine Runde Gassi zu gehen, merkte ich, wie meine Kräfte schwanden. Wir wurde schwindelig, mein Kreislauf sackte ab und mein Herz fing an zu rasen. Mein Körper rebellierte. Eine Panikattacke? Mir war mulmig, aber ich konnte es verorten – und entsprechend reagieren. Es war einfach zuviel gewesen.

Ich legte mich erstmal einpaar Minuten auf die Couch und atmete tief durch. Dann fuhr Baba-Opa uns nach Hause und ich ging vergleichsweise früh ins Bett mit der Erkenntnis, dass ich auf meine Grenzen achten muss. Die Tage nicht zu voll packen, Ruhepausen einplanen – Selbstfürsorge par excellence.

„Hab ich Dir doch gesagt“ seufzte meine Schwester später beim Kochen. Hat sie. Und meine innere Stimme. Lektion gelernt.

Eure Single City Mama