Wahrscheinlich wird dieser Blogeintrag der persönlichste, den ich in meinem Leben bisher geschrieben habe. Doch da mich die Ereignisse der Woche so mitgenommen haben, ist es mir ein tiefes Bedürfnis, sie zu thematisieren – es mir sprichwörtlich von der Seele zu schreiben – und allen Mamas und Papas und Freunden, die schon mal etwas ähnliches erlebt haben, Mut zu machen.
Körper zu Seele: Kennen wir uns?
Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, was mir gemeinhin als „Angst“ kennen, so intensiv gespürt, dass es mich aus den Socken gehauen hat. Unmittelbar, unfassbar stark und so verstörend, dass ich nicht nur die seelische Kontrolle, sondern auch das Vertrauen in meinen Körper verlor.
Auslöser war der vermaledeite Blutdruck-Senker, den – wie sich nachträglich rausstellte – ich gar nicht gebraucht hätte. Die Nebenwirkungen (vor allem Schwindel und Benommenheit) lösten eine so starke Panikreaktion meines Körpers aus, dass ich auf eine Woche mit zwei Rettungseinsätzen und zwei Nächten im Agaplesion Krankenhaus zurück blicke.

Wenn die Seele baden geht… (Bild: Romolo Tavani / Fotolia)
Wer schon mal eine Panikattacke erlebt hat weiß, dass eine solche Episode zu den belastendsten Streichen, die unsere Psyche uns spielen kann, gehört. Eine konstante nervliche Überlastung (vor allem durch Stress) und Reizüberflutung (ständige Horrormeldungen in den Medien, Todesfälle im Bekanntenkreis, Trennungen etc pp) führen dazu, dass wir uns mitunter auf einem nervlichen Drahtseil bewegen.
Rationalität über Bord: Wenn das Fass überläuft
Irgendwann läuft das Fass sprichwörtlich über und es kommt zu schweren Reaktionen wie einer Panikattacke. Dabei kriegen wir nicht etwa einen kurzen, gehörigen Schreck, sondern unser Gehirn gaukelt uns eine extreme Notsituation vor und ruft gleichzeitig all die körperlichen Symptome hervor, die häufig auch eine (medizinische) Notsituation mit sich bringt. Die Angst überfällt uns dabei anfallsartig und lähmt uns. Todesanst setzt ein und wir sind der Überzeugung, dass unser letztes Stündlein geschlagen hat. Das Gedankenkarrusell geht weiter: Was passiert, wenn ich jetzt umfalle? Ist alles vorbei? Was wird aus meinem Kind? Ihr seht schon: Die Panik wird noch verstärkt. Was nach etwa einer halben Stunde zurück bleiben sind völlige Erschöpfung und eine konstante Anspannung – ein nebliges Schwindelgefühl – und die Angst vor der Angst: Gibt es ein nächstes Mal? Wird es das nächste Mal genauso schlimm?
„Look, there goes sanity“
Dazu die nagende Frage: „Werde ich verrückt?“ Meine Freunde beschreiben mich gern als Chaosbiene, die zwar von Organisation und Struktur weit entfernt ist, aber dabei absolut in sich ruht. Und wenn mich vor einer Woche jemand gefragt hätte, hätte ich nie an meinem seelischen Gleichgewicht gezweifelt. Klar ist der Alltag als Single Mama mit Job und allen Verpflichtungen, die Arbeitgeber 1 und 2 mit sich bringen, alles andere als entspannt, aber ich bin zufrieden. Glücklich.
Ich liebe meinen Job, habe ein tolles Team, liebe Freunde, ein gutes Netzwerk und einen gesunden, munteren Piranha, den ich über alles liebe. Wir haben eine schöne, zentrale Wohnung, sind ökonomisch abgesichert, ich habe ein Auto, Tischmanieren, einen Universitätsabschluss und eine optimistische. empathische Grundpersönlichkeit. Mir geht es gut und trotzdem hat mich die Panikattacke gepackt – ohne Vorwarnung, von hinten, so eiskalt, das ich dem aufs tiefste misstraute, der mein Leben überhaupt ermöglicht – meinem Körper.
Was kommt jetzt?
Als ich heute morgen organisch gesund aus dem Krankenhaus entlassen wurde, fragte ich mich: Was nun? Worauf muss ich mich einstellen? Wochen – gar Monate – wiederkehrender Angst? Rational weiß ich: Das geht vorbei, ich werde im Alltag trotzdem normal funktionieren. Der Piranha wird das alles hoffentlich nicht mitbekommen. Psychologen raten: Lasst die Angst zu. Spürt sie, erlebt sie, lasst sie ziehen.
Gefahr im Verflug?
Gestern Abend besuchte mich mein Kumpel Tom, der Therapeut u.a. für Angststörungen ist, im Krankenhaus. Kurz nachdem er mir alles, was ich über Panikattacken wissen muss, erklärt hatte, ich also kognitiv einen Haken dahinter setzen konnte, packte die Panik mich wieder. Die Attacke kam, während wir uns unterhielten. Ich versuchte die Ruhe zu bewahren, fühlte mich hilfloser und fragiler, als jemals in meinem Leben und Tom tat, was ein Freund tut: Er nahm mich in den Arm, hielt mich fest und sagte „das ist ok. Normal.“. Es geht vorbei. Ich werde nicht daran sterben. Und vor allem ist es heilbar. Und das, wenn man rasch Hilfe sucht, sogar relativ schnell. Auch wenn unser Nervensystem uns etwas anderes vorgaukelt: Wir sind nicht verrückt. Wir sind überlastet. Unser Körper zieht die Notbremse. Steinzeit, Bär & Co.
Wie es mir gerade geht? Ich bin erschöpft. Ich bin optimistisch. Ich will meinen Alltag zurück, die Normalität. Ich muss mehr auf mich achten, gesünder leben, Stress abbauen, um zu meinem inneren Gleichgewicht zurück zu finden.
Wenn Ihr ähnliches erlebt habt, schreibt mir gern. Ihr seid nicht allein!!!
Eure Single City Mama
Ich finde es sehr gut, dass Du andere Mütter daran teilhaben lässt. Ich kenne bisher (noch) keine Panikattacken, aber das Gefühl totaler Überlastung über Monate und Jahre, unter anderem verstärkt durch extremen Schlafmangel. Ich kann mich also trotzdem sehr gut in Dich hineinversetzen. Und ich glaube, dass viele Mütter unter Überlastung leiden und wie wild strampeln, um ihren Alltag irgendwie zu bewältigen. Wenn Du in nächster Zeit Wege findest, Dich zu entlasten, ist das sicher auch für uns andere Mütter interessant zu lesen. Gute Besserung und alles Liebe
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Hi! Ich habe schon so einige Panikattacken erlebt nach einem persönlichen Schicksalsschlag. Bei mir gingen sie einher mit akuter Atemnot. Ich bekam damals den Tipp von meiner Therapeutin, die Atemnot wegzuklopfen. Einfach die Arme, Brust und Beine bis zu den Füßen abzuklopfen. Danach bekam ich tatsächlich besser Luft und die Angst ebbte ab. Ich denke, dass das Abklopfen mir einfach das Gefühl gab, ich hätte etwas in der Hand und konnte das Abebben einfach besser dadurch abwarten. Irgendwann kamen die Panikattacken ohne Atemnot, da kannte ich sie aber schon und konnte sie aussitzen. „Da ist es wieder, jetzt passiert das, dann das und dann nimmt das Gefühl wieder ab.“ Nach und nach kamen sie immer seltener und gingen schließlich fast ganz. Zum Glück verknüpfte ich sie nie mit einem Ort oder etwas wie Autofahren, es blieb keine Phobie. Meine schlimmsten Panikattacken hatte ich, weil ich dachte, das Haus brennt ab. Ich entwickelte einen Herd-Kontrollzwang. Aber irgendwann wurde mir das zu doof und ich schaffte es, mir zu sagen, lieber ein abgebranntes Haus als das Haus nicht mehr zu verlassen oder den Herd x-mal zu kontrollieren. Ich habe die Kurve gekriegt, und bin auf einem normalen Level (vielleicht ein bisschen besorgter als der Durchschnitt). Und meinen Koffein-Konsum hatte ich eine Weile auf Null gesetzt, ich war angespannt genug. Geregeltes Schlafen hilft. Ich hatte auch Tabletten dafür… Aber heute ist alles wieder gut. Wichtig fand ich einen offenen Umgang, so dass ich den Menschen in meiner Umgebung sagen konnte: „Jetzt passiert es gerade und ich brauche Ruhe/Gesellschaft/Verständnis/was auch immer mir gerade hilft“ Aber ich glaube, da bist Du auf einem guten Weg! Ansonsten… Verstehen was da mit einem passiert ist schon die halbe Miete, auch das hast du „erledigt“. Professionelle Hilfe hast Du auch, du schaffst das! Liebe Grüße
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Mit reichlich Verspätung danke ich Euch von Herzen für Eure aufmunternden, lieben und ehrlichen Kommentare!!!
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